brief des tages
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Aggressive Reaktionen auf lange Haare und Bart

„Das Kopftuch vor Gericht“, taz vom 16. 7. 18

Der teilweise vollkommen irrational geführte Streit über das Kopftuch erinnert mich an ähnlich aggressive Reaktionen auf Männer mit langen Haaren oder Bart nach 1968. Selbst Bartträger seit damals, bekam ich einiges ab – noch Anfang der Achtziger hatte ich bei einigen Bewerbungen als Krankenhausarzt Probleme. Auch einige Miniparteien auf der Linken machten da keine Ausnahme, um eines „proletarischen Aussehens“ willen. Und für Teilnehmer geführter Freundschaftsreisen in die Volksrepublik Albanien hieß es spätestens an der Grenze: Bart ab! Heute sind Bart oder lange Männerhaare selbstverständliche Teile der freien Entfaltung der Persönlichkeit. Das Kopftuch sollte es auch sein. Natürlich nur, wenn es nicht aufgezwungen ist. Das zu kontrollieren dürfte schwierig sein. Denn dann müsste man Sozialarbeiter/innen nicht nur in muslimisch-, sondern auch in christlich-fundamentalistische und rechtsradikale Familien schicken, um zu überprüfen, ob hier das Grundrecht auf freie Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit verletzt wird. Wobei ich sicher bin, dass man im Einzelfall fündig wird und Konsequenzen ziehen muss. Ernst Soldan, Norderstedt