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Archiv-Artikel

Stopp für Umgehung Finkenwerder

Verwaltungsgericht hält Planfeststellungsbeschluss für Entlastungsstraße für rechtswidrig: Hakengraben darf nicht verlegt, Obstbauern dürfen nicht enteignet werden; Trassenvarianten sollten neu gegeneinander abgewogen werden

von Gernot Knödler

Das Hamburger Verwaltungsgericht hat faktisch einen Baustopp für die Ortsumgehung Finkenwerder verhängt. Gestern erklärte es die geplante Verlegung des Hakengrabens am Südrand des Schlickhügels Francop für „voraussichtlich rechtswidrig“. Der Senat will den vier bis zehn Meter breiten Wasserlauf zuschütten und darauf die Umgehungsstraße bauen. Nach dem von der Bürgerschaft beschlossenen Flächennutzungsplan dagegen müsste die Straße über den Schlickhügel geführt werden.

Das Gericht hält es außerdem für möglich, dass der geplante Straßenverlauf nicht der für alle Beteiligten günstigste ist – eine Kritik, die insbesondere der Umweltverband BUND wiederholt vorgebracht hatte und die Gegenstand eines weiteren Gerichtsverfahrens ist.

Gegen den Planfeststellungsbeschluss „Wasserwirtschaftliche Neuordnung der Alten Süderelbe“ hatte eine Reihe von Obstbauern geklagt, die für eine Verlegung des Grabens enteignet werden müssten. Diese Verfahren werden nun ausgesetzt.

Wie das Gericht moniert, weicht der geplante Straßenverlauf auf dem Hakengraben wesentlich von der Südtrasse ab, die Senat und Bürgerschaft diskutiert und beschlossen hätten. Darüber hinaus stellt das Gericht die Variantenabwägung in Frage, die zur Entscheidung für die Südtrasse (in der Grafik die dicke durchgezogene Linie) geführt hat. „Die bereits bei der engen Auswahlentscheidung von 2002 bekannten Vorzüge der Bezirkstrasse (dicke gestrichelte Linie) dürften durch die neuere Entwicklung deutlich gesteigert sein“, schreibt das Gericht in seiner Entscheidung.

Die Richter beziehen sich auf die Pläne des Senats, den Verkehr von Finkenwerder nach Cranz nicht mehr durch das Airbus-Gelände rollen zu lassen, sondern in einem Bogen um den Neß herum zu führen (dünne gestrichelte Linie oben). Die Bezirkstrasse ließe sich an diese „Neß-Umfahrung“ anschließen und wäre damit kürzer als die Südtrasse.

Kläger-Anwalt Michael Günther nannte die Entscheidung des Gerichts „durchschlagend“. Trotzdem wollten seine Mandanten dem Senat vorschlagen, das Mediationsverfahren fortzusetzen. Die Obstbauern lehnten eine Ortsumgehung nicht grundsätzlich ab, diese sollte jedoch „so schonend wie möglich“ gebaut werden.

Der Senat sei Opfer der komplizierten Rechtsverhältnisse in Hamburg geworden, findet Günther. Verschiedene Teile des Vorhabens würden in unterschiedlichen Planverfahren behandelt. „Wenn für die Ortsumgehung insgesamt ein einheitliches Planverfahren durchgeführt worden wäre, hätte der Senat es leichter gehabt“, sagte der Anwalt. Das Planungsrecht sollte entsprechend modernisiert werden, statt die Rechte der Bürger zu beschneiden, wie es Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) bei der von ihm vorgeschlagenen Planungsvereinfachung vorschwebe.

SPD, GAL und FDP warfen dem Senat stümperhafte Arbeit vor. Der BUND forderte „personelle Konsequenzen“ und wies darauf hin, dass bei der Straßenführung entlang der Airbus-Werkspiste ein vergleichbares Planungschaos herrsche. „Man darf gespannt sein, ob die Behörden und die verantwortlichen Politiker den Warnschuss der Justiz verstanden haben“; sagte Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Die Stadtentwicklungsbehörde will den Gerichtsbeschluss „in allen Einzelheiten sorgfältig analysieren und bewerten“.