: Vertraglicher Druck
Die Wohlfahrtsverbände kämpfen weiter gegen die Kürzungen bei den Behinderten – 200 Stellen in Gefahr
Bremen taz ■ Der Streit um die Kürzungen bei der Versorgung Behinderter spitzt sich weiter zu. Gestern übergab die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege (LAG) Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) einen unterschriftsreifen Vertrag, der den Status quo bei den Pflege- und Betreuungsleistungen festschreibt. Ihre Forderung: Röpke soll das Papier binnen 14 Tagen unterschreiben. Die Senatorin wiederum hält weiter an ihrem Plan fest, 14,8 Prozent des Etats der Eingliederungshilfen für geistig und mehrfach behinderter Menschen sowie 3,8 Prozent bei Tagesförderstätten einzusparen.
„Das ist mit uns nicht zu machen“, sagt der Vorsitzende der LAG, Burkhard Schiller, gestern: „Wir sehen kein weiteres Einsparvolumen“. Seit 1992 habe der fehlende Inflationsausgleich Einbußen von 20 Prozent mit sich gebracht. Eine erneuten Kürzung der Mittel um fast 15 Prozent erzwinge in den Wohnheimen für geistig und mehrfach Behinderte einen Personalabbau um fast 200 Stellen, rechnet Schiller vor.
„Das ist das Ende einer menschenwürdigen Betreuung Behinderter“, warnt Schiller. Die Betroffenen müssten dann wieder in einem Landeskrankenhaus untergebracht werden. Genau das aber wurde bereits in den Achtziger Jahren abgeschafft – „um Schloss und Riegel durch helfende Hände zu ersetzen“, wie Schiller sagt.
Der jetzt vorgelegte Landesrahmenvertrag ist schon seit 1996 fällig, bislang hat man sich mit Übergangslösungen beholfen. Bei der LAG rechnet jedoch niemand damit, dass Röpke auf die Kürzungen verzichten und den Vertrag unterschreiben wird. Statt dessen droht die Behörde, ab dem kommenden Jahr die angestrebten Einsparungen auf dem Verordnungswege durchzusetzen. Damit verstoße sie jedoch gegen den Konsens aller Parteien, sagt Schiller, denn schließlich haben zuletzt sowohl SPD als auch CDU gegen die Kürzungen protestiert.
Die LAG behält sich rechtliche Schritte für den Fall vor, dass das Sozialressort seine Drohungen wahr macht. Auch ein Gutachten des Bremer Wirtschaftswissenschaftlers Rudolf Hickel ist in Auftrag gegeben worden. Schiller: „Wir wollen weiter in der Offensive bleiben.“ mnz