Ein paar Fragen

betr.: „Produktion von Parias“, taz vom 29. 8. 05

Zur wie immer beeindruckend plastisch und ergreifend geschriebenen Freibank gab es zustimmende Äußerungen von Leserbriefschreibern. Ich habe aber noch ein paar Fragen:

Wie oft sollte man baden können, damit man menschenwürdig leben kann? Mache ich mich selbst kleiner als nötig, wenn ich mir von meinem Einkommen kein wöchentliches Bad, kein Auto, keine größere Wohnung leiste? Bin ich denn bescheuert, dass ich mein sauer verdientes Geld für meinen alltäglichen Bedarf ausgebe? Und handle ich nicht würdelos, wenn ich diesen alltäglichen Bedarf an mein Einkommen anpasse? Und: Wenn jemand „in Geld messbare Güter“ besitzt – ist das nicht schön für ihn, dass er auf diese Weise für schlechte Zeiten (wie Arbeitslosigkeit) vorgesorgt hat?

Ich bestreite nicht, dass ALG II sehr wenig Geld ist. Ich wehre mich aber dagegen, dass unter Bezugnahme auf die „Menschenwürde“ so getan wird, als wäre der Staat verpflichtet, den jeweiligen Lebensstandard einer Person aufrecht zu erhalten. Wer weiß, vielleicht kommt die Ruhe im Lande ja daher, dass der Mittelstand und die gebildeten Schichten wissen, dass das nicht geht. Und wer weiß, vielleicht ist das alles nur so schrecklich für jemanden, der die Vorzüge des Berufsbeamtentums genießt und es sich gar nicht anders vorstellen kann. HANNAH LEICHSERING, Berlin