: Landschaft künftig weniger verspargelt
Die Windkraftbranche setzt auf Erneuerung: Größere, dafür aber weniger Windräder sollen mehr Strom liefern
BERLIN taz ■ In Simonsberg an der Nordsee ist es wieder idyllisch. In dem Ferienort zählte man bis vor kurzem noch elf Windräder. Jetzt sind es nur noch drei. Die neu installierten Windräder ersetzen nicht nur den abmontierten Altbestand, sie erzeugen auch dreimal so viel Energie und drehen sich langsamer. Das Vorzeigeprojekt stellte der Bundesverband Windenergie (BWE) gestern in Berlin vor.
Das Zauberwort des Verbandes heißt Repowering: Alte Anlagen werden durch neue, effizientere ersetzt. Ganz nebenbei löse sich so auch das Problem der „Landschaftsverspargelung“. Denn durch die optimierten Windräder, die um rund 80 Meter höher sind und größere „Blätter“ haben, soll die Anzahl der Anlagen in Deutschland reduziert und die Windstromerzeugung erhöht werden. Die drei neuen Windräder in Simonsberg erzeugen zusammen 15 Megawatt (MW) Strom – die elf alten Anlagen brachten es gerade einmal auf 5,5 MW.
Der BWE stützt sich auf eine neue Studie der Technischen Universität Berlin. Die Wissenschaftler errechneten, dass eine moderne Windkraftanlage je nach Leistung fünf alte ersetzen und dabei bis zu viermal so viel Strom erzeugen kann. Der Windkraftverband will nun in zehn bis fünfzehn Jahren – dann soll das Repowering abgeschlossen sein – von heutigen 17.000 Windrädern auf 5.000 „herunterkommen“. Gleichzeitig erhofft sich der Verband, dass die Erzeugungsleistung von heute 17.000 MW auf 42.500 ansteigt.
Repowering ist aber nicht nur eine technische Innovation, sondern soll auch der Windkraft aus ihrem derzeitigen Tief helfen. Die Branche stagniert: Schon seit 2002 sinkt die Zahl der Windräder, die in einem Jahr neu aufgestellt werden. Wurde im Jahr 2002 noch eine Leistung von 3.300 MW installiert, werden es dieses Jahr nur noch 1.600 sein.
Für den Vizepräsidenten des BWE Hermann Albers ist Repowering deshalb das Rezept zum Aufschwung. Die Schuld am Rückgang der Windkrafteuphorie schiebt Albers auf die Politik: Regelungen der Länder schreckten Investoren ab. Neue Abstandsregelungen bei Wohnsiedlungen und Höchstbegrenzungen für die Räder dämpften das Investitionsklima, schimpfte Albers. Repowering solle das Vertrauen in die Windkrafttechnik wiederherstellen, da in erster Linie Windparks „ausgedünnt“ würden.
Ob sich aber so viele Windbauern bereit finden, in neue Anlagen zu investieren, ist fraglich. Immerhin kostet eine neue Anlage mit 5 MW Leistung über 5 Millionen Euro. Insgesamt wird das Repowering in den nächsten Jahren rund 40 Milliarden Euro kosten, rechnete der BWE aus. SUSANNE GÖTZE