piwik no script img

Archiv-Artikel

Wahlgangster auf Stimmenfang

Die „Wahl Gang 05“ will Jungwähler an die Urne locken. Sie organisiert Diskussionen mit Politikern, ihre Kampagnen werden von Promis wie Sandra Maischberger unterstützt. Hinter der Gruppe verbergen sich Politikstudenten der FU

Julia hat ins Gästebuch der Wahl-Lounge geschrieben, sie habe „Politik jetzt besser verstanden“. Wenn sie am 18. September dann auch noch wählen geht, hat die „Wahl Gang 05“ ihr Ziel erreicht. Die Gruppe aus Politikstudenten, vor allem von der Freien Universität, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Erst- und Jungwähler zu mobilisieren. Seit Jahren lassen sich von dieser Gruppe die wenigsten Vertreter an der Wahlurne blicken.

Gegen die Politikverdrossenheit unter Jugendlichen richten mahnende Worte von Parteivorsitzenden bekanntermaßen wenig aus. Die Wahl Gang kann da auf mehr Aufmerksamkeit hoffen. Zwar spricht Gregor Scheppan, Geschäftsführer der studentischen Kommunikationsagentur Politikfabrik, die hinter der Gang steht, auch von der Schaffung eines „Bewusstseins für die Bedeutung von Wahlen“ und der „Partizipation in einer Demokratie“. Erreichen wolle man dies aber mit unkonventionellen Aktionen und einem zielgruppenorientierten Dialog ohne erhobenen Zeigefinger.

Der 27-jährige Scheppan ist einer von rund 25 ehrenamtlich agierenden Wahl-Gang-Studierenden, die sich derzeit die Semesterferien im Namen der Demokratie um die Ohren schlagen. Sie touren durch Schulen und Ausbildungszentren, um Schülern Politik und Politiker näher zu bringen. Sie haben eine Plakat- und Postkartenaktion organisiert, bei der prominente junge Menschen wie die Popband Silbermond für die Teilnahme an der Wahl in zwei Wochen werben.

Außerdem informieren die Studis in der szenig angehauchten Wahl-Lounge am Hackeschen Markt über Parteien und Programme und leiten jeden Donnerstag Diskussionsrunden mit Bundespolitikern.

Bereits bei der letzten Bundestagswahl war die Wahl Gang unterwegs. Die Erfahrungen von vor drei Jahren halfen, das Konzept zu überarbeiten. Während man damals vorrangig versucht habe, den Jugendlichen zu sagen: „Du musst wählen gehen“, wolle man nun vor allem „politisches Bewusstsein schaffen“. Aus dem heraus würden sich die jungen Menschen für den Gang zur Wahl entscheiden, hofft Scheppan.

Die Wahlgang-Kampagne hat prominente Unterstützung gefunden. Die Bundeszentrale für politische Bildung bezuschusst das Projekt und arbeitet eng mit den Studierenden zusammen. Die TV-Moderatorin Sandra Maischberger ist Schirmherrin und sehr froh darüber, eine „Wahlgangsterbraut“ zu sein. Namhafte Zeitungen und Unternehmen konnten als Sponsoren gewonnen werden. Nur von den Parteien selber wollte man kein Geld nehmen. Schließlich geht es der Gang darum, erst mal zu erklären, wie Politik funktioniert und welche Partei welches Programm vertritt. Da soll jede ideologische Beeinflussung vermieden werden.

Reagiert die angesprochene Zielgruppe auf die Anstrengungen der Studenten? „Wir sehen uns dann am 17. 9. an der Urne“, schreibt Thomas ins Gästebuch. Fazit: Primärziel erreicht. Nur beim Datum braucht Thomas noch Nachhilfe.

VERONIKA DE HAAS

www.wahlgang05.de