: Vision und Verzweiflung
Und täglich grüßt die Formel: Die US-Krimiserie „Numb3rs“ (21.10 Uhr, ProSieben) setzt auf eine Kombination von Mathematik und Spannung. Das hat schon in der Schule nicht funktioniert
VON STEFAN KUZMANY
Alle paar Stunden wird sein Blick glasig, abwesend, er hat Visionen, dann redet er wirres Zeug. Manchmal taucht er an Ihrem Arbeitsplatz auf und breitet seine seltsamen Thesen vor Ihren Kollegen aus und auch vor dem Chef. Was sollen Sie machen? Er ist Ihr Bruder. Im Leben der meisten Menschen wäre eine solche Situation hochnotpeinlich und würde nach kürzester Zeit zu ernsthaften Karriereproblemen führen. In der neuen amerikanischen Krimiserie „Numb3rs“ hingegen führt diese Konstellation das FBI zur Auflösung jeder Menge verzwickter Fälle. Sie ist die Grundlage des gesamten Plots.
Don Eppes (gespielt von Rob Morrow, manchem vielleicht noch bekannt als Dr. Fleischman in „Ausgerechnet Alaska“) heißt der von der Verwandtschaft heimgesuchte FBI-Agent, und sein Bruder ist nicht etwa ein verwirrter Alkoholiker, sondern ein hoch begabter, blendend aussehender Mathematikprofessor von gerade mal knapp dreißig Jahren namens Charlie (David Krumholtz). In der ersten Folge treibt ein Serienvergewaltiger sein Unwesen in Los Angeles. Don kann den Täter nicht finden. Er besucht seinen Vater (Judd Hirsch), legt die Karte mit den eingezeichneten Tatorten auf den Küchentisch, der neugierige Mathe-Bruder kommt herein, studiert sie und hat eine seiner bereits eingangs erwähnten Visionen – höchst innovativ dargestellt vermittels computeranimierter Formeln, die durchs Bild huschen: Er entwickelt prompt eine Formel zur Berechnung des Killer-Wohnortes. Aber die Formel stimmt nicht ganz, große Verzweiflung, neue Vision, neue Formel, Formel stimmt, Täter gefasst, nächste Folge.
Serienbankräuber treiben ihr Unwesen in L.A., Vision, Formel, stimmt nicht, Verzweiflung, Vision, neue Formel, Erfolg. In den weiteren Episoden: ein Virus in L.A., Vision, Formel, Falschgeld in L.A., Vision, Formel, Verzweiflung, neue Formel und so weiter.
Damit „Numb3rs“ nicht eine allzu offensichtlich erbarmungswürdig blöde TV-Serie wurde, haben die Produzenten doch noch einige Zusatzstränge eingebaut, die sich erst im Laufe der Zeit vor den Augen des ermatteten Zuschauers entfalten: Dons hübsche FBI-Kollegin Terry Lake (Sabrina Lloyd) – steht sie auf Don oder doch auf Charlie? Die sexy Mathestudentin Amita Ramanujan (Navi Rawat) – steht sie auf Charlie oder doch auf Don? Der junge FBI-Kollege David Sinclair (Alimi Ballard) – wann verliebt er sich bzw. wird ernsthaft verletzt oder gar versetzt? Der verwitwete Vater – wird er ein neues Glück finden oder wenigstens endlich mal seinen hochbegabten Sohn vor die Tür setzen? Die Antworten darauf sind leider allzu berechenbar.