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Archiv-Artikel

Löchrige Decke über dem Salzstock

Bundesumweltministerium bestätigt geringe Sicherheit des Gesteins über dem geplanten Atommüll-Endlager in Gorleben. Bürgerinitiative fordert Ende der Erkundung

HAMBURG taz ■ Über dem Salzstock Gorleben gibt es keine sicheren Gesteinsschichten, die den Austritt von Radioaktivität aus einem Atomendlager verhindern könnten. Was Umweltschützer schon lange kritisierten, hat das Bundesumweltministerium (BMU) jetzt bestätigt: „Das Deckgebirge weist in der Tat eine geringe Barrierewirkung auf“, heißt es in der Antwort des BMU auf einen Fragenkatalog des Ausschusses für Atomanlagen des Landkreises Lüchow-Dannenberg.

Für die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg steht damit fest: „Die sinnlose Geldverschwendung namens ‚Erkundung‘ des Salzstocks Gorleben, die bisher bereits 1,5 Milliarden Euro verschlungen hat, muss sofort und endgültig abgebrochen werden.“ Die Erkundung des Salzstocks Gorleben als mögliches Endlager für hoch radioaktive Abfälle ist zurzeit unterbrochen, weil Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) mit der Suche nach einem geeigneten Endlager noch einmal von vorn beginnen will.

Nach Ansicht des BMU ist eine zweite geologische Barriere neben dem Salz selbst freilich unnötig: „Die bisherigen Erkundungsergebnisse des Salzstocks weisen große ungestörte Salzpartien aus, welche die geforderte Barrierefunktion übernehmen könnten“, heißt es in der Antwort an den Kreistag. Udo Jentzsch von der Grünen Liste Wendland (GLW) sieht das anders: „Es ist nicht zu verantworten, dass man von dem Mehrbarrieresystem abweicht.“ Dem BMU wirft er vor, die Kriterien für ein Endlager den Bedingungen vor Ort anzupassen.

Die Bürgerinitiative saugt auch aus anderen Antworten auf den Fragenkatalog Honig. So bestätigte das Ministerium, dass der Standort Gorleben bei der Untersuchung von Salzstöcken durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 1995 „auftragsgemäß“ ausgeschlossen worden sei. Gorleben hätte bei einem Eignungsvergleich weit hinten gestanden, vermutet die Bürgerinitiative.

„Wir werden es nicht hinnehmen, dass der brisante Strahlenmüll nach dem Motto ‚aus den Augen – aus dem Sinn‘ einfach im Salz verscharrt wird“, kündigte die Bürgerinitiative an. Wenn CDU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel ausgerechnet den „Atomfanatiker“ und Siemens-Aufsichtsrat Heinrich von Pierer in ihr Kompetenzteam aufnehme, sollte die Bevölkerung „ganz schnell wach werden und genau überlegen, wo ein X hingehört“.

GERNOT KNÖDLER