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Archiv-Artikel

Wilsbergs Parteibuch

SPD krallt sich Fernsehmünsteraner beim Fernsehen

Prominente Parteiaustritte sind die Sozialdemokraten in letzter Zeit gewöhnt. Zur Abwechslung kündigte die münstersche SPD für die TV-Duell-Party am Sonntag endlich mal den Eintritt einer „bundesweit bekannten Persönlichkeit“ an. Doch welches Stadtkind mochte sich noch zu den Sozialdemokraten bekennen? Roland Kaiser? Nein, der ist schon seit 2002 dabei. Götz Alsmann? Der rührt zwar die rote Werbetrommel, möchte sich aber nicht fest binden. Günter Jauch konnte es auch nicht sein – der saß schon in der ARD-Talkrunde, lobte Schröders Gebrauchtwagenhändler-Charme und Merkels Tagesform.

Passend zum Duell überreichte der SPD-Bundestagsabgeordnete Christoph Strässer das Parteibuch dann an einen „Fernsehmünsteraner“: Leonard Lansink, besser bekannt als ZDF-Privatdetektiv Georg Wilsberg.

„Ich bin schon seit langem ein Sympathisant und möchte in dieser schwierigen Phase ein klares Zeichen setzen“, sagte der 49-jährige Schauspieler – mehr allerdings nicht. Politische Mandate seien nicht seine Sache, ließ der Wahlberliner durchblicken.

Trotzdem griff er gleich freudig zu seinem Mobiltelefon: „Ich darf dich jetzt duzen, Genossin“, begrüßte Lansink seine Freundin – ihre Zurede hatte endlich gefruchtet. In der anderen Hand hielt der gebürtige Hammer noch immer das rote Parteibuch. Für den Kettenraucher schon eine Würdigung – normalerweise ist die freie Hand beim Telefonieren für die filterlose Zigarette reserviert. „Ich rauche zwei Schachteln am Tag. Eigentlich will ich drei schaffen, aber dafür schlafe ich zu lang“, sagt der Neugenosse.

Beim Fernsehduell kommt er seinem Ziel bedrohlich nahe. Konzentriert blickt Lansink auf die Leinwand und leert seine Schachtel zur verqualmten Fußball-Atmosphäre im Marktcafé. Die Parteifreunde bejubeln jeden gelungenen Kanzlerkonter – und Lansink? Bleibt ruhig und raucht.

„Unter uns Schauspielern guckt man eben genauer hin“. Gerhard Schröder, den er persönlich für einen Macht besessenen Politiker hält, habe authentisch gewirkt. „Merkel lacht nur mit dem Mund, nicht mit den Augen“, kritisiert er die Herausforderin. Bei ihr würde jeder Regisseur entsetzt vor die Kamera springen und schreien „Schnitt! Sie meinen es nicht“.

Die inhaltliche Auseinandersetzung interessiert Leonard Lansink weniger. Für den einstigen Anarcho-Syndikalisten, der sich im Spanischem Zentrum Essen gegen Franco engagierte, zählt die Grundeinstellung. Trotz der Reformpolitik stehe für ihn die Sozialdemokratie weiterhin für die gesellschaftliche Solidarität und damit gegen den neoliberalen Zeitgeist. Der Parteieintritt, etwas Werbung seien eigentlich für einen Schauspieler unproblematisch: „Nur den bayrischen Filmpreis kann ich mir jetzt wohl abschminken“.

RALF GÖTZE