: Gandschi wieder in Haft
Iranischer Journalist kommt nach Ende des Hungerstreiks wieder in Teheraner Knast. Justiz bricht Vereinbarung
BERLIN taz ■ Der iranische Journalist Akbar Gandschi sitzt wieder hinter Gittern. Er hatte am 22. August seinen Hungerstreik, mit dem er seine bedingungslose Freilassung erreichen wollte, nach siebzig Tagen beendet. Seine Frau, Masumeh Schafi-i, hatte der Presse mitgeteilt, Gandschi habe sich aufgrund einer Vereinbarung mit der Justiz bereit erklärt, seine Protestaktion zu beenden und wieder Nahrung zu sich zu nehmen. Sie begrüßte den „Sinneswandel“ bei der Justiz und äußerte die Hoffnung, dass „die ganze Angelegenheit in den nächsten Tagen abgeschlossen sein und Gandschi endlich nach Haus kommen wird“.
Doch Freude und Zuversicht wichen bald Zweifel. „Ich habe Gandschi im Krankenhaus besucht“, sagte Schafi-i wenige Tage danach dem Internetdienst Mizan Newa. „Es geht ihm gut. Dennoch wurden keine Anstalten gemacht, um ihn aus dem Krankenhaus zu entlassen.“ Dies widerspreche den Vereinbarungen mit der Justiz. Auf die Frage, wieweit Gandschi der Justiz traue, antwortete Schafi-i: „Er muss sicher gewesen sein, sonst hätte er den Hungerstreik nicht beendet. Wir hoffen, dass er in den nächsten Tagen nach Hause kommt.“
Gandschi gehört zu den populärsten Journalisten Irans. Berühmt wurde er durch seine Artikel und Bücher, in denen er unter anderem die Mordattentate gegen Dissidenten, insbesondere die so genannten Kettenmorde von 1998, aufdeckte. Diese Aufklärungsarbeit rief die Justiz auf den Plan. 2000 wurde Gandschi wegen „Gefährdung der nationalen Sicherheit, Propaganda gegen den islamischen Staat und Beleidigung der Staatsführung“ zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Aber Gandschi ließ sich nicht einschüchtern. Im Gefängnis verfasste er ein „Manifest“, in dem er die Trennung von Religion und Staat sowie die Gründung einer säkularen Republik forderte. Während eines kurzen Hafturlaubs im Juni erklärte er sogar, Revolutionsführer Ali Chamenei müsse sich für seine Taten vor Gericht verantworten.
Während sich internationale Menschenrechtsorganisationen und zahlreiche Persönlichkeiten, darunter UN-Generalsekretär Kofi Annan, Gandschis Freilassung forderten, blieb die Teheraner Justiz hart. Gefragt, wann Gandschi freikäme, antwortete der berühmt-berüchtigte Oberstaatsanwalt Said Mortasawi: „Wir treffen grundsätzlich keine Vereinbarungen mit Gefangenen. Wenn sich ein Gefangener nicht an die Regeln hält, werden wir einschränkende Maßnahmen gegen ihn ergreifen. Sollte er aber seine Taten bereuen und sich wie ein normaler Gefangener verhalten, werden wir ihn auch normal behandeln.“
Das genau scheint die Absicht der Justiz zu sein. Gandschi soll seine Ansichten widerrufen und Reuebekenntnisse ablegen. Aber das ist offenbar trotz Folter und Isolationshaft bislang nicht gelungen. BAHMAN NIRUMAND