: Bundeswehr: unschuldig
AFGHANISTAN Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan spricht verantwortliche Soldaten für Luftangriff auf zwei Tanklaster von jeder Schuld frei. Die Zahl der Getöteten lasse sich nicht mehr feststellen. Nato-Bericht zur Attacke bleibt geheim
BERLIN taz | Der von der Bundeswehr angeforderte Luftangriff auf zwei entführte Tanklastwagen in Afghanistan ist militärisch nicht zu beanstanden. Das erklärte Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Scheiderhan gestern in Berlin auf Grundlage des ihm vorliegenden Nato-Untersuchungsberichts. Oberst Georg Klein, der die US-Kampfflugzeuge in der Nacht zum 4. September zum Bombardement der Lkws angewiesen hatte, habe militärisch angemessen gehandelt, sagte Schneiderhan.
Die Zahl der afghanischen Opfer sei gemäß dem Bericht, der unter der Federführung des kanadischen Generals C. S. Sullivan erstellt wurde, nicht mehr zu ermitteln. Verschiedenen Quellen nach seien zwischen 17 und 142 Menschen getötet worden. Unter diesen habe es zwischen 30 und 40 getötete und verletzte Zivilisten gegeben, die aber „nicht unbedingt unbeteiligte Personen“ gewesen seien, erläuterte Schneiderhan. Der Nato-Bericht selbst bleibt geheim und wird jetzt der Staatsanwaltschaft Dresden zugeleitet. Diese prüft, ob sie Ermittlungen aufnimmt.
Internen Nato-Regeln zufolge hätte Klein den Einsatz nur dann anordnen dürfen, wenn eigene Truppen am Boden „Feindberührung“ gehabt hätten. Dies war jedoch nicht der Fall. Die Bundeswehr berief sich bei dem Angriff auf eine Bedrohung ihres rund sechs Kilometer entfernten Feldlagers bei Kundus. Allerdings saßen die beiden Lkws zum Zeitpunkt der Bombardierung im Bett des Flusses Kundus fest.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte vom neuen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der Öffentlichkeit darzulegen, „wie es zu der menschlichen und politischen Katastrophe kommen konnte“. Mit der „Vertuschungs- und Beschönigungspolitik“ seines Amtsvorgängers Jung (CDU) müsse nun Schluss sein. Der Verteidigungsexperte der Linken, Paul Schäfer, sagte: „Die Geheimhaltungspolitik verstärkt das Misstrauen in die Schlussfolgerungen der Bundesregierung.“
Zu Guttenberg erklärte, „jeder unbeteiligte Zivilist, der getötet wird, ist einer zu viel und verdient unser allergrößtes Bedauern“. Der Generalinspekteur sei nun beauftragt, den Nato-Bericht auszuwerten und „wo nötig Konsequenzen zu ziehen.“ UWI, KLH
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