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Archiv-Artikel

AKW-Anfahrt gestoppt

Kaum repariert, gibt es beim spanischen Atomkraftwerk Vandellós II schon wieder schwere Sicherheitsmängel

MADRID taz ■ Das spanische AKW Vandellós II könnte, was mangelnde Sicherheitsstandards angeht, dem Reaktor von Springfield aus der Fernsehserie „The Simpsons“ als Vorbild gedient haben. Das Kraftwerk im Nordwesten des Spaniens fabriziert eine Schlagzeile nach der anderen. Vergangenes Jahr musste es vom Netz. Jetzt stoppten die Aufsichtsbehörden das Wiederanfahren des Reaktors, weil bei den Reparaturarbeiten gepfuscht worden war.

Das gesamte Kühl- und Sicherheitssystem in Vandellós II ist marode. Vor einem Jahr platzte eine Wasserleitung des Kühlkreislaufes. „Für die Bevölkerung hat keine Gefahr bestanden“, erklärte damals umgehend der nationale Nukleare Sicherheitsrat (CSN). Eine glatte Lüge. Denn die Reparaturteams machten auch am zweiten Kühlkreislauf Lecks aus. Außerdem zeigte sich, dass Sicherheitsventile defekt waren. Im Falle eines Unfalls wäre ein zweites Tschernobyl kaum zu verhindern gewesen.

Nach monatelangen Reparaturarbeiten erhielten die Betreiber am 12. August dieses Jahres die Genehmigung, Vandellós II wieder anzufahren. Doch jetzt sind die Ventile nicht richtig eingebaut worden. „Weil sie es eilig hatten oder weil sie schlampten, wurde die Einstellung der Ventile im warmem Zustand vorgenommen“, berichten die Umweltschützer von Ecologistas en Acción. Normalerweise müssen sie im kalten Zustand eingestellt werden. Die Inspektoren des CSN legten das AKW deshalb erneut lahm. Bei einer Begehung wurden abermals Wasserlachen gefunden. „Vandellós zeigt, dass die spanische Atomindustrie Produktivität über die Sicherheit stellt, und das mit der Duldung durch den CSN“, so Ecologistas en Acción. Spaniens Umweltschützer fordern angesichts der fehlenden Sicherheit in Spaniens AKWs einen sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie und den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien. Zwar hatte das auch der seit einem Jahr regierende Sozialist José Luis Rodríguez Zapatero in seinem Wahlprogramm stehen. Doch Zapatero steckt in einem Dilemma: Spaniens Stromverbrauch steigt von Jahr zu Jahr, während die Kapazität gleich bleibt. An heißen Sommertagen kommt es so immer wieder zu großflächigen Stromausfällen. Der Grund: Zu viele Haushalte haben mittlerweile Klimaanlagen installiert, oft mit einem Finanzierungsprogramm genau der privatisierten Stromproduzenten, die nichts für die Modernisierung und den Ausbau der Stromversorgung tun. REINER WANDLER