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Archiv-Artikel

Plakatrahmen in den Schulfluren bleiben leer

Produktwerbung an Schulen ist in drei Bundesländern erlaubt – doch Unternehmen haben wenig Interesse. Auch weil sie Diffamierungen fürchten. Als interessant gilt in der Branche nur das Sponsoring von Computern und Sport

„Nur 55.000 Euro jährlich für Werbeplakate und Anzeigen in Schülerzeitungen“

BERLIN taz ■ Eigentlich müsste die Schule ein idealer Rahmen sein für Werbung: kaufkräftige, junge Zielgruppe, keine Streuverluste, wenig Ablenkung. Drei Bundesländer, darunter auch Berlin, haben die Produktwerbung an ihren Schulen schon seit einigen Jahren erlaubt. Doch in Berlin „ist die Plakatwerbung an den Schulen heute tot“, sagt Helmut Schorlemmer, Autor einer gestern in Berlin vorgestellten Studie zum Thema „Werbung und Sponsoring in der Schule“.

Die Studie im Auftrag des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen befasste sich mit der bundesweiten Entwicklung von Sponsoring und Werbemaßnahmen. Vier Berliner Bezirke beispielsweise hatten die Werbung an Schulen gestattet. Doch im Berliner Bezirk Tempelhof kam die Innenwerbung vollständig zum Erliegen, weil sich „nicht genügend Unternehmen gefunden haben, die entsprechenden Plakate zu schalten“, heißt es in der Studie.

In einzelnen Tempelhofer Schulfluren warben Plakate in Werberahmen für Fahrschulen, Banken, Schreibwaren oder Jeans. Doch die Schulen nahmen damit jeweils nur maximal 750 Euro pro Jahr ein. Im Berliner Bezirk Neukölln sind die schulischen Einnahmen aus der Innenwerbung in 14 beteiligten Schulen von 1900 Euro im Jahr 2002 auf 255 Euro im vergangenen Jahr gesunken. In den Bundesländern Bremen und Sachsen-Anhalt, wo gleichfalls Produktwerbung an Schulen erlaubt ist, konnten die zuständigen Ministerien keine genaueren Angaben machen.

„Die Produktwerbung in Schulen ist ein Flop“, sagte Volker Nickel, Geschäftsführer des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), im Gespräch mit der taz. Die Unternehmen zeigten zum einen wenig Interesse, weil ihnen der „Genehmigungsfilter“ zu aufwendig sei und sich die Produktwerbung in einzelnen Schulen nicht lohne. Außerdem wollten sie nicht als „Bildungsschädlinge“ gelten, da Werbung an Schulen öffentlich diffamiert werde, erklärte Nickel.

Das Sponsoring etwa von Sportveranstaltungen, Computerausstattungen oder Einrichtungen werde von den Firmen jedoch positiv gesehen, so Nickel. Doch auch hier bleibt der Aufwand bescheiden: Nur 100 Millionen Euro, das sind 2 Prozent der Ausgaben in der Wirtschaft für Sponsoring, entfielen im Jahre 2004 auf Schulen, davon nur 55.000 Euro auf klassische Produktwerbung in Plakaten und Anzeigen in Schülerzeitungen, so der ZAW.

Edda Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband, forderte gestern ein striktes Verbot von Produktwerbung in den Schulen und im Umfeld von Schulen. Sie verwies auf einen Prozess der Verbraucherzentrale gegen die Keksfabrik Bahlsen, den das Oberlandesgericht Celle zugunsten der Verbraucherschützer entschieden hatte. Dabei wurde Bahlsen untersagt, Sammelpunkte auf die Packungen zu drucken, für die Schüler ab einer bestimmten Anzahl im Gegenzug eine Klassenfahrt finanziert bekamen. Solcherart würde „moralischer Druck auf die Jugendlichen“ ausgeübt, urteilte das Gericht in seinem Verbot. BARBARA DRIBBUSCH