: Die spinnen, die Gallier
FILMISNIX Mit „Asterix & Obelix - Im Auftrag ihrer Majestät“ hat Laurent Tirard die endlos scheinende Verwertungskette der französischen Comicreihe um ein neues schwaches Glied verlängert
VON WILFRIED HIPPEN
Sie sind nicht totzukriegen, dabei sind sie im Grunde schon seit 1977 wandelnde Leichen. In diesem Jahr starb René Goscinny, der Autor der Comicgeschichten von Asterix und Obelix und mit ihm verließ jede Inspiration das Projekt. Da es aber noch kommerziell sehr erfolgreich war, produzierte Albert Uderzo noch fleißig weiter Alben, doch er war immer der Zeichner und kein Autor, und so wurden nach dem 24. Band „Asterix bei den Belgiern“ die Geschichten nur noch mechanisch erzählt und die Pointen albern. Schon 1967 wurde der erste Zeichentrickfilm nach der Serie „Asterix der Gallier“ produziert, aber der ganz spezielle Witz der Comics ließ sich kaum in das andere Medium übertragen. Doch der Name garantiert offensichtlich den Erfolg und so folgten bis 2006 noch sieben weitere Animationsfilme, die jeweils auf Geschichten von Goscinny basierten.
1999 kam dann der erste Realfilm mit den Helden Asterix und Obelix in die Kinos, und diesen rettete zumindest halbwegs eine sehr smarte Besetzung: Es kann wohl kaum einen besseren Darsteller für Obelix geben als Gérard Depardieu, dessen körperliche Masse und gutmütige Ausstrahlung sich perfekt mit dem Charakter des treuherzigen, nicht etwa dicken sondern kräftig gebauten, Galliers deckt. Leider fehlte es von Anfang an an einer ähnlich einleuchtenden Verkörperung von Asterix. In den inzwischen vier Realverfilmungen haben gleich drei Darsteller sich an dieser Figur versucht, doch Christian Clavier, Clovis Cornliac und nun Daniel Baer haben die Figur nie wirklich auf den Punkt gebracht. Ein ganz einfacher Grund dafür ist wohl, dass sie schlicht zu groß sind. In den Comics ist Asterix fast ein Zwerg, und der Kontrast zwischen den beiden Helden macht einen großen Teil ihrer Wirkung aus. Dieser Dick und Schlau-Effekt geht in den Spielfilmen fast völlig verloren. Im neuen Film ist Daniel Baer meist auf gleicher Schulterhöhe mit Depardieu zu sehen und anders als sein Gegenüber sieht er mit dickem Schnurrbart und Flügelhelm immer nur seltsam verkleidet aus.
Dass bei dem Produkt Asterix ein Manko an neuen Ideen besteht, kann man schon daran erkennen, dass in dem neuen Film gleich zwei von Goscinnys Geschichten verwurstet werden. „Asterix bei den Briten“ und „Asterix und die Normannen“ waren beide schon Vorlagen für Zeichentrickproduktionen gewesen, und ihre Vermengung ist dramaturgisch holprig und alles andere als schlüssig. Die Hauptgeschichte handelt davon, dass ein paar Briten die Gallier darum bitten, sie bei ihrem Kampf gegen Cäsar mit einem großen Fass vom Zaubertrank zu unterstützten. Asterix und Obelix reisen zu den Briten und nehmen Grautvornix, den Neffen ihres Häuptlings mit. Dieser ist ein junger Boheme, der lieber Gitarre spielt als zu kämpfen, und weil er so offensichtlich ein Angsthase ist, nimmt ihn ein Stamm Normannen gefangen, die nach England gekommen sind, weil sie die Angst kennenlernen wollen, von der sie gehört haben, sie verleihe Flügel. Diese Nebengeschichte hat kaum etwas mit dem zentralen Konflikt zu tun und wirkt wie erzählerisches Füllmaterial.
Im Stil von Goscinny wird viel mit den Klischees der einzelnen Volksstämme gespielt, aber man merkt den Pointen dann doch an, dass sie über dreißig Jahre alt sind. Und wenn versucht wird, sie zu aktualisieren, wird es noch schlimmer. So gibt es jetzt einen illegalen Einwanderer aus Asien, der als blinder Passagier zusammen mit Asterix und Obelix den Kanal überquert und immer seine Teepflanze mit sich herumschleppt, die später als britischer Zaubertrank aufgegossen werden wird. Im Film ist er klein, braun und unterwürfig, also eine grenzwertig rassistische Stereotype. Vor allem aber ist er nicht komisch und dies unterscheidet ihn von den Schöpfungen Goscinnys.
Die Produzenten scheinen sich das britische Modell der Harry Potter-Filme als Vorbild genommen zu haben. So ist „Asterix et Obelix: au service de Sa Mejesté“ natürlich in 3-D aufgenommen, aber die ständig herumfliegenden Römer werden auch dadurch nicht witziger. Vor allem hat man aber so viel Darsteller aus der Topliga der französischen Filmstars wie nur irgend möglich in den Film gestopft. Catherine Deneuve spielt eine zwar sehr majestätische, aber kaum britische Königin, Fabrice Luchini hat als hochneurotischer Cäsar ein paar schöne Soloauftritte, die aber kaum etwas mit dem Rest des Film zu tun haben, Dany Boon gibt einen Allerweltsbriten, der kaum weiter auffällt, und auch Jean Rochefort hat eher der Vollständigkeit halber einen Sekundenauftritt. Nur Isabelle Huppert fehlt.