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Archiv-Artikel

ENTWICKLUNGSBERICHT DER UN: DIE ERFREULICHE BOTSCHAFT TÄUSCHT Kampf gegen Armut – der Wille fehlt

Zunächst klingt es gut: Um 130 Millionen habe sich die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen seit 1990 verringert, verkündet der gestern veröffentlichte UN-Weltentwicklungsbericht. Von „Fortschritten in den meisten Ländern“ sprechen UN-Diplomaten. Ein gravierendes Anwachsen der Armut wird lediglich in Afrika konstatiert. Damit verschleiert der Bericht die weltweite Stagnation bei der Armutsbekämpfung ebenso wie jene rühmlichen Ausnahmen des Erfolges, die jedoch in der Vergangenheit liegen: China und Vietnam.

Tatsächlich liegt die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen seit der Jahrtausendwende konstant bei etwa 1,2 Milliarden Menschen. In den Jahren von 1990 bis 2000 aber waren es nahezu ausschließlich die kommunistisch regierten Länder China und Vietnam, die wesentlich zur Verbesserung der Weltarmutsbilanz beitrugen. China reduzierte nach UN-Abgaben zwischen 1990 und 1998 die Zahl der Armen von 360 auf 210 Millionen. Diese Leistung schönt bis heute die Bilanz. Weder UN noch Hilfsorganisationen oder gar die G-7-Gruppe haben nach der hehren Verkündung der Millenniumsziele ähnliche Erfolge zu verbuchen. Auch vergleichbare Länder wie Indien fallen ab.

Wofür aber steht das Beispiel China? Den ersten Schritt aus der Befreiung von extremer Armut verdankt das Land vor allem seiner noch von Mao Tse-tung eingeleiteten sozialistischen Landreform, die den Bauernmassen privates Land zur Verfügung stellte – bei gleichzeitiger Öffnung der landwirtschaftlichen Märkte. Handel und Globalisierung kamen später. „Nicht noch so viel internationale Zusammenarbeit kann die Handlungen von Regierungen aufwiegen, die es versäumen, der menschlichen Entwicklung Vorrang einzuräumen“, notiert der neue UN-Bericht. Die Kommunisten in China und Vietnam haben dieses Versäumnis nicht begangen – aufgrund ihrer sozialistischen Ideologie fanden sie den politischen Willen dazu. Das aber ist das Dilemma heutiger Armutsbekämpfung: Ohne sozialistische Ideologie findet sich nirgends der politische Wille, die ungleichen Eigentumsverhältnisse zu verändern. Übrigens auch in China nicht mehr, das Armut heute längst nicht mehr erfolgreich bekämpft. GEORG BLUME