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Archiv-Artikel

Sicherheitsberater in Gaza getötet

Mussa Arafat von militanten Palästinensern erschossen. Anarchie auf neuem Höhepunkt

JERUSALEM taz ■ Die Trauer um den Exchef des militärischen Abwehrdienstes im Gaza-Streifen, Mussa Arafat, dürfte sich unter palästinensischen Regierungsangehörigen in Grenzen halten. Der Cousin des verstorbenen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat war am Mittwoch von 80 bis 100 bewaffneten Männern in seiner Wohnung überfallen und erschossen worden. „Er war der Inbegriff der Korruption“, kommentierte Sufian Abu Saida, palästinensischer Minister für Flüchtlingsfragen, den Mord, der für ihn vor allem aufgrund des „gewählten Zeitpunkts überraschend“ kam. Eine Woche bevor die letzten israelischen Soldaten den Gaza-Streifen verlassen wollen, erreicht dort die Anarchie einen neuen Höhepunkt.

Die Angreifer gehören offenbar dem PRC (Popular Resistance Committee) an, einer Koalition von Kämpfern fast aller palästinensischen Widerstandsgruppen. Gegenüber BBC erklärte PRC-Sprecher Abu Abir, dass der militante Flügel der Bewegung, die „Saladin-Brigaden“, behaupteten, sie hätten den „Kollaborateur Mussa Arafat eliminiert und seinen Sohn Manhal entführt“.

70.000 palästinensische Sicherheitskräfte sind einsatzbereit, die Hälfte davon im Gaza-Streifen. Die Vermutung liegt nahe, dass unter den Angreifern selbst Angehörige des Sicherheitsdienstes waren. Der palästinensische Innenminister Nasser Jussef ordnete die Untersuchung des Mordanschlags an. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zeigte sich entschlossen, die Täter zu verhaften. „Der Mord wird uns nicht hindern, Gesetz und Ordnung anzustreben.“

Abbas hatte im vergangenen April Arafat von seinem letzten offiziellen Posten als Sicherheitschef abgesetzt, aber weiter in beratender Funktion beschäftigt. Zu den härtesten Gegnern des Ermordeten gehört Mohammad Dahlan, langjähriger Sicherheitschef im Gaza-Streifen und derzeit Minister für Zivile Angelegenheiten, der sich seit einigen Tagen zur medizinischen Behandlung im Ausland aufhält.

Der Ermordete hatte allen Grund, um sein Leben zu fürchten. Anhänger der eigenen Fraktion Fatach, zu deren Gründern er zählte, hassten ihn aufgrund seines korrupten Führungsstils. Er galt als vehementer Streiter gegen die Reformisten, was ihn in Konflikt mit Dahlan brachte.

Doch auch bei der Hamas hatte Mussa Arafat wenig Freunde. Seine Skrupellosigkeit bekamen Mitte der 90er-Jahre die islamisch-extremistischen Häftlinge zu spüren, die die Autonomiebehörde im Anschluss an die Osloer Friedensvereinbarungen verhaftet hatte. Auf Befehl Arafats wurden den religiösen Männern die Bärte geschoren.

SUSANNE KNAUL