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Archiv-Artikel

„Bewusst geht fast nichts“

SENDUNG Radio Weser.TV erhellt das Rätsel der Intuition und die Bedeutung des Bauchgefühls

Von BES
Gerd Gigerenzer

■ 65, Prof. Dr. phil., Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung sowie des Zentrums für Risikokompetenz in Berlin.

taz: Herr Gigerenzer, die Sendung mit Ihnen hat den Titel „Bauchentscheidungen – unbewusste Intelligenz“, was nach Esoterik-Quatsch klingt…

Gerd Gigerenzer: Das ist es aber nicht. Es geht darum, dass wir einen großen, oder sogar den größten Teil unserer Entscheidungen unbewusst treffen, aufgrund eines gefühlten Wissens. Das ist es, was wir unter Intuition verstehen. Wenn wir darauf nicht zurückgreifen würden, und tatsächlich alles rational durchdringen müssten, dann kämen wir sehr schnell ans Ende. Nur bewusst geht fast gar nichts.

Das meinen Sie nicht ernst?!

Doch, absolut. Wir können ja nicht einmal zwei Dinge gleichzeitig bewusst tun. Sehr viele Prozesse laufen über Routinen ab, und müssen das auch. Stellen Sie sich doch einfach mal vor, sSie müssten beim Autofahren alles durchdenken und berechnen, oder versuchen Sie mal Ihrem Magen zu erklären, wie er verdaut.

Aber gilt das rationale Durchdringen nicht wenigstens als höherwertig?

Bei manchen Personen schon. Aber in den Künsten und beim Sport ist es evident, dass Intuition eine entscheidende Rolle zukommt.

Nur nicht in der Wissenschaft?

Das ist ein verbreiteter Irrtum. Aber viele haben schon lange gesehen, dass das nicht stimmt, namentlich Albert Einstein.

Der hat die Relativitätstheorie doch nicht nur so gefühlt… !

Nein, aber er hielt die Ratio für die Dienerin der Intuition. Die Intuition bezeichnet er sogar ganz ausdrücklich als die heilige Form des Wissens.

INTERVIEW: BES

Gerd Gigerenzer auf: Radio Weser.TV-92,5 MHz & 101,85MHz, ab 15 Uhr. Gerd Gigerenzer: Bauchentscheidungen: Die intelligenz des Unbewussten, 288 S., 8,95 Euro