: Das dritte Desaster für die Südwest-CDU
CDU Nach der Niederlage des Kandidaten Turner drohen Personaldebatten und inhaltliche Querelen
STUTTGART taz | Es ist das typische Spielchen von Wahlverlierern: das eigene Ergebnis mit anderen Zahlen vergleichen, um doch noch den Beweis für das gar nicht so schlechte Abschneiden zu finden. Auch Sebastian Turner bemühte am Montag in Stuttgart solche Vergleiche. Der von der CDU, FDP und den Freien Wählern unterstützte parteilose Oberbürgermeister-Kandidat hat im zweiten Wahlgang am Sonntag mit 7,6 Prozentpunkten Rückstand auf Fritz Kuhn die Wahl verloren. Aber, so Turner: Immerhin sei das Ergebnis von 45,3 Prozent doch besser als von Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) vor 16 Jahren und insgesamt für die CDU ein toller Erfolg. Tatsache aber ist: Die Jahrzehnte lang konservativ regierte Landeshauptstadt Baden-Württembergs geht erstmals in grüne Hand über. Für die Landes-CDU ist es nach der verlorenen Kommunalwahl 2009 und dem Desaster bei der Landtagswahl 2011 die dritte Niederlage in Folge.
In dem Moment, als am Sonntagabend der grüne Balken auf der Leinwand im Rathaus nach oben ging, begann auch schon die Personaldiskussion. Verteidigen muss sich vor allem der Kreisvorsitzende der Stuttgarter CDU, Stefan Kaufmann, der Turner als Kandidaten durchsetzte. Mitte November muss er sich zur Wiederwahl stellen. Noch am Sonntagabend stellte Kaufmann die kühne Behauptung auf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „mit dem Ergebnis nicht unzufrieden sein“ dürfte.
Doch die Union wird nicht nur über neues Personal nachdenken müssen, sondern auch über andere Inhalte. „Wir haben ein Großstadt-Problem“, sagte Kaufmann. „Wie erreichen wir die großstädtischen Milieus, die Alleinerziehenden, die Kulturschaffenden, die Migranten?“ Ein Konzept habe er noch nicht.
Auch die Landtagsfraktion sucht noch ihre Rolle in der Opposition. Noch immer wird sie vom Schatten des ehemaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus verfolgt. Ins Visier der Kritiker rückt auch der aktuelle Landeschef Thomas Strobl. Er hatte zuletzt die Grünen aggressiv angegriffen. „Ich gehe davon aus, dass die für dieses Debakel Verantwortlichen klug genug sind, die richtigen Schlüsse zu ziehen“, sagte die Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) der Stuttgarter Zeitung und forderte damit indirekt den Rücktritt von Strobl und Kaufmann. Den schloss Kaufmann umgehend aus. Turner hingegen äußerte sich zu seiner Zukunft noch nicht. NADINE MICHEL