Die Ginseng-Bäuerin

Am wichtigsten ist, was untendrunter liegt. Das kann man von oben nämlich nicht sehen: Ob da viel Ginseng-Wurzel unter Gesträuch und Blüte ist; das hält die Pflanze vier, sechs Jahre lang geheim. So lange braucht sie, bis sie erntereif ist, so lange muss man sie beschatten, jäten – und die Wurzeln am Ende mit der Hand einsammeln, sagt Europas einzige Ginseng-Züchterin Gesine Wischmann aus Walsrode.

Dort hat die Ernte gerade begonnen. Die sei ein mühsames Geschäft, erzählt die 48-Jährige und klingt gar nicht müde, sondern sehr vital. Das liegt vielleicht auch daran, dass sie selbst die Kapseln, die Konzentration und Immunsystem fördern, täglich einnimmt. „Die Koreaner, die den Ginseng entdeckt haben, sagen, man soll es so lange nehmen, wie man es sich leisten kann“, sagt sie. „Und da ich hier an der Quelle bin ...“

Seit 18 Jahren leitet Wischmann den Hof, den ihr Vater einst zum Ginseng-Hof machte, weil den Bauern die Preise wegbrachen. Eigentlich hatte die Tochter ein betriebswirtschaftliches Studium absolviert, später im Kongresswesen und in der Pharmaindustrie gearbeitet. Parallel baute sie den Ginseng-Vertrieb auf – und beschloss irgendwann, gemeinsam mit ihrem Mann auf den elterlichen Hof zurückzukehren und das hauptberuflich zu tun.

„Ich habe mir hier einen Traum erfüllt“, erzählt sie. „Ich kann alle Berufe, die ich gelernt habe, anwenden, und ich lebe in einer idyllischen Umgebung.“

Außerdem seien die Wurzeln unglaublich ästhetisch. „Das chinesische Wort für Ginseng bedeutet ,Menschenwurzel‘, und viele sehen wirklich wie Menschlein aus“, sagt sie. Da könne man der Versuchung kaum widerstehen: „Wir haben mal eine Ausstellung mit weihnachtlich angezogenen Wurzeln gemacht, und zur Olympiade gab es eine Fotostrecke mit Wurzeln, die wir zu Sportlern geformt hatten.“

Dabei sei Ginseng, der pro Gramm einen Euro koste, eigentlich viel zu wertvoll, um damit zu basteln, sagt Wischmann dann schnell. „Aber Spaß gemacht hat es trotzdem.“ PS