: Brandenburgs Hochschulen kämpfen ums Überleben
FUSION Das Bundesland mit der kümmerlichsten Uni-Finanzierung will zwei Hochschulen zusammenlegen. Eine Volksinitiative wehrt sich erbittert dagegen
SEBASTIAN WIRRIES
Brandenburgs Wissenschaftsministerin Sabine Kunst hält hartnäckig an ihrem Plan fest, die Brandenburgische Technische Uni Cottbus mit der (Fach)-Hochschule Lausitz zu einer Uni zu fusionieren. Der Protest gegen diese geplante „Zwangsfusion“ ebbt nicht ab. Befürchtet werden massive Sparmaßnahmen. Seit fünf Monaten protestieren deshalb Studenten, Professoren und Mitarbeiter der Hochschule immer mittwochs gegen den, wie sie sagen, „diktatorischen Willkürakt“.
Der Protest richtet sich inzwischen nicht mehr nur gegen die Wissenschaftsministerin, sondern längst auch gegen den populären Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD). Er versprach zwar, dass die neue Universität rund 6 Millionen Euro mehr Geld erhalten solle als bisher die BTU Cottbus und die Hochschule Lausitz zusammen. „Diese Versprechungen sind eine Mogelpackung!“, sagt Jonas Schindler vom Studierendenrat. „Die BTU Cottbus ist die am schlechtesten finanzierte Technische Universität in ganz Deutschland! Daran ändert auch die Fusion nichts.“
Die Zahlen scheinen das zu belegen: Die BTU Cottbus erhält für rund 6.700 Studenten und 119 Professorenstellen derzeit rund 50 Millionen Euro vom Land Brandenburg, die Fachhochschule Lausitz knapp 16 Millionen. Mathematikprofessor Friedemann Kemm rechnet vor: „Die TU Ilmenau erhält bei rund 85 Professorenstellen vom Land Thüringen eine Geldzuweisung von 66 Millionen Euro. Also das, was die Technische Uni Cottbus und die Hochschule Lausitz bei einer eventuellen Fusion mit dann insgesamt 228 Professorenstellen insgesamt als Grundfinanzierung von der Brandenburger Landesregierung erhalten sollen.“
Inzwischen übten auch die Jugendverbände der Parteien scharfe Kritik an der Hochschulpolitik. In einer Erklärung verurteilten Jusos, Junge Union, Linksjugend Solid, Junge Liberale und die Jungen Grünen das „dramatisch unterfinanzierte brandenburgische Hochschulwesen“ – gemeinsam, obwohl sie sich gerade in Brandenburg sonst spinnefeind sind, weil die ideologischen Differenzen so groß sind.
Die Hoffnungen der Fusionsgegner liegen nun auf der Volksinitiative „Hochschulen erhalten“, die in zwei Monaten über 40.000 Unterschriften gesammelt hatte. Inzwischen wurde sie nach Prüfung durch den Landtag für gültig erklärt und muss nun von den Abgeordneten entschieden werden. Im November oder Dezember sollen die Brandenburger Abgeordneten abstimmen, wie sie zur Stimme des Volkes stehen. „Wir wissen zwar, dass es sein könnte, dass die Mehrheit von SPD und Linkspartei auf Wunsch von Platzeck unseren Antrag im Landtag ablehnen wird – aber dann starten wir ein Volksbegehren!“ so Sebastian Wirries von der Volksinitiative. Zunächst soll es einen Staffellauf von Cottbus nach Potsdam geben, der am 23. Oktober in Cottbus startet und am 24. Oktober um 10 Uhr symbolisch in Potsdam endet. „Wir würden uns sehr freuen, wenn viele Potsdamer unsere Läufer im Ziel am Landtag begrüßen“, so Sebastian Wirries. „Wer will, kann auf den letzten drei Kilometern auch gerne mitlaufen. Vor allem aber hoffen wir, dass unsere Argumente, die wir mitbringen werden, doch noch viele Abgeordnete davon überzeugen, für unsere Volksinitiative zu stimmen!“
Der Kampf um den Erhalt der Lausitzer Hochschulen geht also weiter. Am heutigen Mittwoch veranstaltet der Landtag eine Anhörung. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur wird die Volksini „Hochschulen erhalten“ zu Wort kommen lassen. Die Studenten sind dazu von Cottbus nach Potsdam gelaufen – sie tun alles, um die Uni zu retten. SILKE MILIUS