: Nehme Führerschein, biete Fahrkarte
UMSTEIGEN Wer seinen Führerschein abgibt, darf vier Wochen kostenlos Bahn und Bus fahren: Das Angebot des Großraum-Verkehrs Hannover kam so gut an, dass die Karten nach wenigen Tagen vergeben waren
Eigentlich hatte sich der Großraum-Verkehr Hannover (GVH) die Sache ein bisschen gemütlicher vorgestellt. Bis Ende des Monats wollte man 400 AutofahrerInnen vier Wochen kostenlos Bus und Bahn in der Region Hannover fahren lassen. Die sollten im Gegenzug der GVH ihren Führerschein aushändigen. Aber dann waren bis zum Montag bereits 400 der 500 Kostenlos-Fahrkarten vergeben und am Dienstag fällte die GVH angesichts neuer Schlangen eine salomonische Entscheidung: Sie verteilte 200 weitere Fahrkarten, um alle Wartenden zu versorgen und beendete dann die Aktion „Carvario“.
An der verdient sie erst einmal nichts, so dass sich noch erweisen muss, wie erfolgreich man hier Neuland betreten hat. Bislang, so sagt der GVH-Sprecher, sei ihm keine vergleichbare Aktion im öffentlichen Nahverkehr bekannt. „Vielleicht ist die Idee so naheliegend, dass niemand darauf gekommen ist.“
In jedem Fall wollte man den AutofahrerInnen „nicht mit erhobenem Zeigefinger“ begegnen – das sei „ein überholter Ansatz“. Statt also auf die verderblichen Klimafolgen zu verweisen, möchte die GVH vorsichtig anfragen, ob nun wirklich jede Fahrt notwendig und wie unverzichtbar der Zweitwagen sei. Damit will man an das vitale ökonomische Empfinden der Autofahrer appellieren, die dann in zweiter Linie das „schöne Gefühl“ hätten, dem Planeten etwas Gutes zu tun.
Die GVH wiederum ist froh, dass unter den Umsteigern – neben einem Mann, der den Führerschein seiner Frau eintauschte – nicht nur Ältere waren, die sowieso kaum noch Gebrauch vom Führerschein machen, sondern ebenso junge Leute, die zwar einen Führerschein, aber kein Auto besitzen. Ab Dezember wird sich zeigen, wie viele Autofahrer sich für ein Abonnement im GVH erwärmen können. Erleichtern will man ihnen das mit speziell auf sie zugeschnittenen Prämien vom Headset bis zum Sicherheitstraining.
FRIEDERIKE GRÄFF
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
