Immer mit der Ruhe, Herr Henkel!

Senator schimpft auf die Justiz

VON KONRAD LITSCHKO

Er wolle das nicht verstehen, teilt der Innensenator mit. Und: Er könne seine Unzufriedenheit nur schwer unterdrücken. Dramatische Worte für einen, der bisher eher durch Unauffälligkeit auffiel.

Frank Henkels Unmut rührt von der Haftverschonung zweier Tatverdächtiger der tödlichen Gewaltattacke am Alexanderplatz. Und tatsächlich wirkt es erst mal verstörend: Da prügelt eine Meute wohl türkischstämmiger Halbstarker einen jungen Mann zu Tode. Und zwei der drei Verdächtigen, die nach Tagen gestellt werden, kommen wieder frei. Aber: So funktioniert Rechtsstaat – so hart das klingt.

Denn es gibt klare Kriterien für Haft oder Nichthaft, vor allem bei Jugendlichen. Liegt Fluchtgefahr vor? Ist das Wegschaffen von Beweisen möglich? Wird dies verneint, kann der Verdächtige haftverschont werden. Gegen Meldeauflagen, wohlgemerkt. Über Schuld ist da noch nichts gesagt.

Der Aufschrei ist stets groß

Als vor anderthalb Jahren ein 18-Jähriger im Bahnhof Friedrichstraße einen Mann brutal zusammentrat und später haftverschont wurde, war der Aufschrei schon einmal groß. Der deutsche Abiturient aus bürgerlichem Hause muss also nicht in den Knast, empörten sich die einen. Die Migranten kommen mal wieder davon, empören sich heute die anderen.

Dabei zeigen beide Fälle etwas Beruhigendes: dass der Rechtsstaat unteilbar ist. Der darf sich weder vom Status der Täter noch von öffentlichem Druck leiten lassen. Dieses Maß beweisen die Richter. Ein Maß, das dem Innensenator und seinen Mitempörten verloren geht. Kein gutes Zeichen, vor allem wenn man sieht, wie eilfertig bereits Rechtsextremisten auf die Gewaltdebatte aufspringen.

Den Friedrichstraßen-Schläger verurteilten die Richter später übrigens zu fast drei Jahren Knast. Trotz vorheriger Haftverschonung.