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Archiv-Artikel

Probenräume selbst gemacht

Sind so dicke Wände: Seit zehn Jahren arbeitet sich die Bunker-Initiative durch ein Weltkriegsgemäuer auf dem Vulkan-Gelände

Bremen taz ■ Andreas Brede ist einer, der ganz offensichtlich lieber Wände einreißt als das Schlagzeug schleppt: „Jede Wand, die weg muss, kostet kein Geld, sondern Kraft.“ Seit zehn Jahren arbeitet er sich mit seinen Mitstreitern durch den Bunker auf dem Vulkan-Gelände. Der soll zum „Kulturbunker“ werden, ohne Zuschüsse. Die im Weg stehenden Mauern sind einen dreiviertel Meter dick.

12 Proberäume haben sie dem Weltkriegsgemäuer schon abgetrotzt. Brede, 43, Trommler bei „Dr. B & his Gigolos“, macht den Bauleiter – schließlich ist er der einzige, der richtig schweißen kann. Bassist Ralf ist Kassenwart des Bunker-Vereins, der Sänger gibt den Webmaster. Wegen Platzmangels war die Band aus den Nord-Bremer Freizis rausgeflogen. Brede: „Danach musste ich immer bis Osterholz fahren, um zu Trommeln.“

Ähnlich ging es den anderen 14 Bands, darunter die Punker von „Bolzen“ oder „Unrest“, die in Heavy Metal machen. Jetzt lieben sie ihren Bunker auch als Musikerpool, inklusive Technikaustausch. Brede: „Wenn ich irgendwo nicht weiterkomme, kann ich einen der 18 anderen Schlagzeuger fragen.“

Die Bands zahlen drei Euro pro Mann und Monat. Eigentlich langt das nur für die Miete: 50 Cent pro Quadratmeter. In den nächsten Tagen kommt das Bauamt, schließlich sollen hier – in einem Jahr – auch öffentliche Sessions steigen. Kriegt man nach so langem Gefrickel nicht irgendwann den Bunker-Koller? „Ja.“ Die prompte Antwort lässt ahnen, was für Krisen die Bunkeraner schon hinter sich haben. In der privaten Lebensplanung kann der Bunker offenbar ein ziemlicher Klotz am Bein sein. Andererseits: „Wenn ich jetzt hinschmeißen würde, wäre alles umsonst gewesen“, sagt Brede. Außerdem seien gerade die Jüngeren ziemlich engagiert dabei.

Deren Probenräume sehen in der Tat am aufgeräumtesten aus – was man von der Band des Vorsitzenden nicht sagen kann. In den Ecken liegen zersplitterte Schlagzeug-Sticks, an der Wand hängen zwei Riesenklöppel, Bredes „Hausordnung“. „Wer sich nicht benimmt, fliegt raus.“ Das kam allerdings erst einmal vor.

Bei den Alternativrockern von „Sine Die“ künden noch die Kalkstalaktiten vom überstandenen Wassereinbruch. Der hatte die Sanierung des gesamten Dachs erfordert. Die Geschichte des Bremischen Bunkermusizierens begann 1991, als die grüne Kultursenatorin Trüpel die Öffnung von 20 Luftschutzräumen durchsetzte. 126 Bands fanden Platz, mit 20.000 Euro jährlich für die bauliche Unterhaltung (Frankfurt oder Hamburg investierten das Zehnfache) stand allerdings nicht viel Geld zur Verfügung. Zu wenig jedenfalls für die Feuerpolizei: Die monierte Ende 1999 Knall auf Fall das Fehlen von zweiten Fluchtwegen und die zu leichte Entflammbarkeit der (oft provisorischen) Schalldämmungen. Über 80 Bands mussten innerhalb einer Woche ausziehen.

Immer noch herrscht Probe-Notstand in der Bremer Musikszene. „Wir haben Anfragen ohne Ende“, sagt Brede, „wir könnten hier noch ewig neue Probenräume reinbauen.“ Vorher sollte allerdings vielleicht ein Sprayer-Wettbewerb veranstaltet werden, um etwas Farbe in den Koloss zu bekommen – denkt man. Bei Brede gerät man damit an den Falschen. „Das ist ein Bunker, das soll er auch soll bleiben.“ Schließlich sei er „eine geile Erfindung – um Mucke zu machen.“ Henning Bleyl