: „FTD“ fordert widerwillig „Vorfahrt für Merkel“
Da haben sich die Kollegen ja was eingebrockt: Die Financial Times Deutschland hat sich gestern in ihrer Wahlempfehlung für eine Koalition von CDU/CSU und FDP ausgesprochen. Das Blatt, das jeweils hälftig dem britischen Pearson-Konzern und der Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr gehört, folgt damit der Tradition des endorsement in der britischen Presse. Schon 2002 hatte das Blatt – nach vorgeblich demokratischer Willensbildung in der Gesamtredaktion nebst leisem Druck der Chefetage Edmund Stoiber endorsed. Was zu dem bemerkenswerten Umstand führte, dass sich einen Tag später drei leitende Politredakteure der FTD nochmals ausdrücklich für eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition aussprachen. Auch dieses Mal war das Feld gespalten, von „festgefahrener Diskussion“ berichtet das Blatt. Doch 2005 war klar, wer am längeren Hebel sitzt: „Chefredakteur Stefan Klusmann sorgte nach über dreistündiger Debatte für die Entscheidung“: FTD goes FDP. Und das heißt in der Verlängerung nun mal „Vorfahrt für Merkel“. Wobei, das macht das Blatt unmissverständlich klar, es hier eher um die Wahl des kleineren Übels denn strahlend-optimistische Aufbruchstimmung geht. Wirklich freuen kann sich Schwarz-Gelb über diesen Segen in der Farbe der Wirtschaft aber nicht: „Einen Hoffnungsschimmer eröffnet hier immerhin das Programm der FDP“, heißt es zum Thema Steuern. „‚Wir können es besser‘ ist kein Konzept, sondern Überheblichkeit, die sich böse rächen kann“, merkt der eine ganze Seite umfassende FTD-Leitartikel zum Unions-Wahlkampf an. Und legt so unmissverständlich wie vernichtend in Richtung Merkel nach: „Personell wie inhaltlich fehlt der Union nichts so sehr wie gesamtwirtschaftlicher Sachverstand.“ Steffen Grimberg