Versuchsreaktor mit Sicherheitsdefiziten

ATOMKRAFT Der EPR ist nach Ansicht der Atomsicherheitsbehörden aus drei Ländern falsch konstruiert

STOCKHOLM taz | Eine neue, „noch sicherere“ Reaktorgeneration: So bewirbt der Atomtechnikkonzern Areva den Europäischen Druckwasserreaktor (EPR). Jetzt steht fest, dass man in diese Konstruktion grundlegende Sicherheitsdefizite eingebaut hat. Das normale Betriebssystem des Reaktors und das Sicherheitssystem, das bei einem Störfall die Kontrolle übernehmen soll, sind so vernetzt, dass ein Ausfall des normalen Systems auch das Notfallsystem lahmlegen kann.

In einer gemeinsamen Erklärung hatten am Montag die Atomaufsichtsbehörden Großbritanniens, Frankreichs und Finnlands diese Sicherheitsdefizite öffentlich gemacht. Sie fordern ein Neudesign von Areva. Mit der jetzigen Konstruktion könne eine „Gewissheit, aufgrund der aktuellen Konfiguration eine zufriedenstellende Sicherheit zu gewährleisten, nicht erreicht“ werden.

Vom Betriebssystem unabhängige Notfallsysteme gehören zum Grundprinzip jeder AKW-Konstruktion. AtomkraftgegnerInnen bezeichneten die Nachricht deshalb als doppelten Skandal: Bislang war der Mangel den Genehmigungsbehörden in Frankreich und Finnland offenbar nicht aufgefallen.

Dort baut Areva in Olkiluoto und Flamanville bereits erste Prototypen des EPR. Auf das Problem aufmerksam geworden war nun aber erst das britische Nuclear Installations Inspectorate, bei dem Areva wegen eines möglichen EPR-Baus in Großbritannien Pläne vorgelegt hatte.

Am Dienstag appellierten Umweltschutzorganisationen an das finnische Parlament, nicht länger auf Atomkraft zu setzen. Das französische Atomausstiegsbündnis Sortir du nucléaire forderte den Stopp des EPR-Programms und eine unabhängige Untersuchungskommission.

Ob die neuen Probleme die Fertigstellung des finnischen EPR-Reaktors Olkiluoto 3 weiter verzögern können, ist unklar. Ursprünglich sollte dieser Reaktor seit Sommer Strom produzieren. Erst kürzlich hatte Betreiber TVO mitgeteilt, dass auch der zuletzt ins Auge gefasste Termin zur Inbetriebnahme, Juni 2012, nicht mehr zu halten sein werde.

REINHARD WOLFF