: Merz helfen, um Merkel zu schaden
Die Kanzlerkandidatin will trotz aller Kritik an ihrem Finanzexperten Paul Kirchhof festhalten. Dass ausgerechnet jetzt mehrere CDU-Promis Merkels Erzfeind Friedrich Merz ins Gespräch bringen, wird in Merkels Umfeld als „grob unsolidarisch“ eingestuft
AUS BERLIN LUKAS WALLRAFF
Die Union wird bescheiden. CDU-Generalsekretär Volker Kauder nannte es gestern „ein ermunterndes Signal“, dass die neueste Emnid-Umfrage ein Patt zwischen Schwarz-Gelb sowie dem so genannten linken Lager aus SPD, Grünen und Linkspartei ergeben hatte. Beide Blöcke kämen jeweils auf 48,5 Prozent. Für die angestrebte Koalition mit der FDP hätte die Union zwar weiter keine Mehrheit, aber immerhin sieht Kauder den Aufwärtstrend der SPD gestoppt, die von 34,5 auf 33,5 Prozent fiel. Dies sei „eine hervorragende Ausgangsbasis für den Schlussspurt“.
Weniger hervorragend ist die Stimmung bei den Gefolgsleuten von Kanzlerkandidatin Angela Merkel, die um den vor kurzem noch sicher geglaubten Sieg bangen. Die offenbar erfolgreichen Angriffe von Bundeskanzler Gerhard Schröder gegen Merkels Finanzexperten Paul Kirchhof haben Spuren hinterlassen. Am meisten ärgert man sich im Merkel-Lager aber über Querschüsse aus den eigenen Reihen. Hinter den Kulissen wird mächtig Dampf abgelassen: Es sei „schon ein starkes Stück“, dass mehrere CDU-Länderfürsten ausgerechnet jetzt den Namen Friedrich Merz wieder ins Gespräch brächten und jenen Finanzexperten in höchsten Tönen lobten, der einst im Streit mit Merkel zurückgetreten sei. „Grob unsolidarisch“ habe sich vor allem der niedersächsische Ministerpräsident und CDU-Vize Christian Wulff verhalten, heißt es.
Wulff nämlich hatte als erster Unions-Promi verkündet, Merz stehe für Spitzenämter in Deutschland zur Verfügung und werde dafür auch gebraucht. Dies nimmt man ihm übel, weil auch Wulff genau wisse, dass Merkel so kurz vor der Wahl gar nichts anderes übrig bleibe, als an ihrem umstrittenen Kompetenzmann für die Finanzpolitik, Paul Kirchhof, festzuhalten. „Das ist so entschieden“, hieß es aus Merkels Umfeld. Merkel wolle „keine Schwäche zeigen“, also Kirchhof nicht fallen lassen. Deshalb hält sie auch an dem heutigen Termin in der CDU-Zentrale fest: Am Vormittag will sich die Kanzlerkandidatin mit ihrem gesamten Kompetenzteam treffen, um das Wahlkampffinale zu planen.
Ungeachtet aller Kritik soll auch Kirchhof mit dabei sein. Alles andere, weiß man in Merkels Beraterstab, würde den rot-grünen Spott über die Absetzbewegungen der Union von Kirchhof nur beflügeln. So hatte Außenminister Joschka Fischer in der Fernseh-Elefantenrunde gelästert, Merkel wolle Kirchhof „im Heizungskeller verstecken“.
Vor diesem Hintergrund wecken die betont freundlichen Worte von Wulff und Roland Koch für Merkels Intimfeind Merz, die in konservativen Zeitungen breiten Widerhall fanden, neues Misstrauen bei Merkel-Getreuen in der Bundestagsfraktion. Sie sehen darin „den Versuch, Merz so zu positionieren, dass Merkel nach der Wahl nicht an ihm vorbei kann“.
Merz selbst erklärte, Kirchhof werde zu Unrecht angegriffen. Dieser sagte, er halte Merz nicht für einen Konkurrenten: „Ideal wäre eine Tandemlösung.“