Nils Schuhmacher Hamburger Soundtrack: Probleme der Kunst, Lösungen des Pop
Die künstlerischen Probleme von Künstlern konzentrieren sich auf drei Aspekte. Die aber tragen bei genauerem Hinsehen den Kern der Lösung und der aufkeimenden Hoffnung immer bereits in sich. So ist von Problemen im klassischen Sinne gar nicht zu sprechen.
Erstes bekanntes Problem: sich im Kreis drehen. Aufmerksame Beobachter werden hier aber nun Jochen Distelmeyer anführen. Seine Musik ist laut Eigenauskunft zwar wieder an den Ausgangspunkt zurückgekehrt („ein Kreis schließt sich“). Heute aber assoziiert man mit Distelmeyer, sein Roman lässt grüßen, eben nicht mehr einen Gymnasiasten, der Salinger liest, sondern Joyce persönlich. Dasselbe auch bei Quicksand (16.11., Uebel & Gefährlich). Seit 1990 wurde die einflussreiche amerikanische Band zweimal aufgelöst, aber dreimal gegründet. Man hängt also gewissermaßen aneinander fest, kann sich aber mittlerweile zurecht das Wörtchen „Post“ vor das Hardcore hängen.
Zweites Problem: verwechselt werden. Dieses kann dramatische Ausmaße annehmen; etwa am 12.11. An der einen Stelle der Stadt präsentiert Adel Tawil (12.11., Mehr Theater) seine in schönstes Plastik gewandeten Gedanken zu vielfach gehörten Popmelodien. An der anderen Stelle Dan Bejar, der mit seiner Band Destroyer (12.11., Kampnagel) im Grunde genau den Gegenentwurf dazu repräsentiert. Insofern: Pop bleibt bei aller Visualität eben doch vor allem ein akustisches Ereignis, den einen Bärtigen vom anderen trennend.
Drittes bekanntes Problem: auf der Stelle treten. Wann der Bruchpunkt nun war, 1988, mit „Hier kommt Alex“, oder doch schon früher? Egal, wichtig ist, wie es sich anfühlt. Und es fühlt sich eben so an, als hätten die Toten Hosen (14.11., Barclaycard Arena) ihren Stadionrock auch schon im Stadion am Rothenbaum aufgeführt. Darüber hinwegtäuschen können auch nicht Lieder wie „Unter den Wolken“ (der gleichnamige Titel der Hamburger Gruppe Sport) oder „Wannsee“ (wer denkt nicht ans „Westerland“ der Ärzte?).
Aber was heißt eigentlich Problem, so lange es funktioniert?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen