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Archiv-Artikel

Aufforderung zum Abstimmungs-Tanz

DIREKTE DEMOKRATIE Gestaffelte Hürden, weiter gehende Befugnisse: Die Kieler Regierungskoalition will Bürgerbegehren in Schleswig-Holstein erleichtern. Zustimmung kommt auch von „Mehr Demokratie“

„Wir wollen die Bürger einladen, sich noch mehr zu engagieren“

Ines Strehlau (Die Grünen)

Die Schleswig-Holsteiner können sich künftig leichter in Entscheidungen einmischen, die ihre Städte und Dörfer betreffen. Dazu haben die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und SSW einen Gesetzentwurf vorgelegt, an dem auch die Initiative „Mehr Demokratie“ beteiligt war. Formale Hürden für Bürgerbegehren werden gesenkt, zum Beispiel bei der Zahl der notwendigen Unterschriften. Häufig geht es bei Begehren um umstrittene Bauvorhaben, etwa Windkraftanlagen. Die Piraten signalisierten Zustimmung für das Vorhaben.

„Wir wollen die Bürger einladen, sich noch mehr zu engagieren“, sagte Ines Strehlau (Die Grünen). Rund 300 Bürgerbegehren gab es in den vergangenen zwei Jahrzehnten im Land; etwa die Hälfte schaffte es laut „Mehr Demokratie“ bis zum Bürgerentscheid. Weil die Koalitionsfraktionen wesentliche Forderungen des Vereins übernommen haben, will „Mehr Demokratie“ jetzt auf ein Volksbegehren zur Erzwingung eines Volksentscheids verzichten. Die Vorstandssprecherin Claudine Nierth sagte, die geplanten Verbesserungen seien „ein Erfolg“.

Um ein Bürgerbegehren zu starten, müssen bisher zehn Prozent der Einwohner unterschreiben. Dies wird nun gestaffelt, je nach Größe: Bei Orten bis 8.000 Einwohnern bleibt es bei zehn Prozent, bei 45.000 bis 150.000 sind es noch fünf, darüber hinaus – also in Kiel und Lübeck – vier Prozent. Auch die geforderten Zustimmungsquoren werden gestaffelt: Bisher braucht ein Bürgerentscheid nicht nur eine Mehrheit, sondern überall mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten zum Erfolg. Künftig sinkt das Quorum bis auf acht Prozent in den größten Städten.

Mit dem Gesetz, das der Landtag Anfang nächsten Jahres beschließen soll, wird der obligatorische Kostendeckungsvorschlag, den bisher Initiatoren machen müssen, durch eine Kostenschätzung der Verwaltung ersetzt. Niemand müsse Angst vor Bürgerentscheiden haben, sagte Kai Dolgner von der SPD. (dpa)