Die Kirche im Dorf

Zuwachs an Reputation und Spiritualität: Random House kauft von der „FAZ“ die Verlage DVA, Manesse und Kösel

Eine Überraschung ist es nicht, und ein abermalig großes Wehklagen über die Konzentration im Verlagswesen dürfte sich ob dieser Nachricht auch in Grenzen halten: Die seit 1831 bestehende Deutsche Verlags-Anstalt (DVA) und ihre Verlagstöchter Manesse und Kösel, bislang großkonzernunabhängig und seit 1997 zur FAZ-Verlagsgruppe zugehörig, werden zukünftig, so das Kartellamt zustimmt, unter dem Dach von Random House/Bertelsmann firmieren.

Eine Überraschung ist das insofern nicht, als dass die FAZ schon im Verlauf der großen Zeitungskrise 2001/2002 versucht hatte, sich von ihren Buchverlagen zu trennen und auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Nur wollte sich in einer Zeit, in der auch die Buchverlage in eine Umsatzkrise rutschten, mit der sie weiter zu kämpfen haben, nur schwer ein Abnehmer für die gesunde, 20 Millionen Euro pro Jahr umsetzende DVA finden.

Auch Random House hatte seinerzeit andere Probleme und war damit beschäftigt, die Ullstein-Heyne-List-Verlagsgruppe von Springer zu erwerben, wogegen das Kartellamt etwas hatte. Über ein Jahr dauerte das Tauziehen, mit dem Ergebnis, dass der Heyne Verlag an Random House ging, Ullstein und List aber an die schwedische Verlagsgruppe Bonnier gingen. Der Bertelsmann-Übernahmehunger war nur unzureichend gestillt, die Zeit wieder reif – doch die Kirche darf man im Dorf lassen.

„Mit DVA und Manesse gewinnen wir zwei profilierte Verlage, die wir mit den Autoren und Programmverantwortlichen weiter ausbauen wollen. Mit dem Kösel Verlag werden wir unseren bereits mit dem Güterloher Verlagshaus begonnenen Neuauftritt im spirituellen Bereich und im Segment Lebenshilfe verstärken“, kommentierte Random-House-Verlagsleiter Klaus Eck den Deal. Sosehr solche Worte Sonntagsworte sind, so sehr hat die jüngere Vergangenheit gezeigt, dass Random House mit ambitionierten literarischen Verlagen umzugehen weiß: etwa mit Luchterhand und Knaus, deren Programm sich auf gleich bleibend hohem Niveau gehalten hat (und deren Random-House-Problem darin besteht, eine Saison so erfolgreich zu sein wie etwa Knaus zuletzt mit Kempowskis „Echolot“-Abschluss – das schafft Begehrlichkeiten).

Man kann also davon ausgehen, dass bei der DVA, wo etwa Ulla Hahn oder Marcel Reich-Ranicki beheimatet sind, und beim Klassikerverlag Manesse, der viel Reputation garantiert, aber kaum Gewinne, weiterhin eigenständig gearbeitet werden kann. Und davon, dass Random House versucht, mit dem Kösel Verlag ordentlich Geld zu verdienen.

GERRIT BARTELS