: KUNST
KunstJana Janika Bachschaut sich in Berlins Galerien um
Denken Sie jetzt nicht an die Farbe Rot! – Ebenso verhält es sich mit Julian Schnabel und den Seidenpyjamas, die er mit Vorliebe trägt oder dem toskanischen Palazzo, den er in Manhattan unterhält. Doch der „Bad Boy“ des Neoexpressionismus brachte auch feinfühlige Biografien auf die Kinoleinwände – etwa „Basquiat“ oder „Schmetterling und Taucherglocke“. Mit seinem cineastischen Werk, preisgekrönt, erfand sich Schnabel neu, nachdem er u. a. mit den „Scherbengemälden“ zum Wunderkind avancierte und schließlich fallen gelassen wurde. Das alles ist nicht wegzudenken, wenn heute eine Galerie Malerei von Schnabel ausstellt. Zumal Circle Culture zur Vernissage parallel in die Galerie und ins „Hotel de Rome“ lud. Druckgrafiken von Rhein und Siebengebirge oder dem Dom zu Köln, im Original Schulwandbilder, hat Schnabel mit groben Pinselstrichen bedacht. Für einen, der auf Samt und Tierhäute malte und dem nicht wenige wegen seiner Riesenformate Größenwahn attestierten, kommt diese Schau überraschend temperiert daher (bis 11. 11., Di. 14–18 Uhr, Mi.–Sa. 12–18, Gipsstr. 11).
Nicht die Spur von Hybris bei Niels Borch Jensen – das kleine Rechteck in einer von Thomas Scheibitz subtilen Fotogravuren scheint das Gesicht zu verziehen. Obwohl „T.O.A.H.“, eine Serie von 21 Printvariationen, Bezüge zu urbanen Landschaften, Popkultur oder klassischer Architektur herstellt, spricht hier eine eigene konzeptuelle Sprache. Scheibitz, den der Widerstand beim Gravieren in eine Kupferplatte und die Chemie beim Ätzvorgang faszinieren, diktiert eine bildhafte Grammatik zwischen Flüchtigkeit und Zeichen. Seine Radierungen generieren später ähnliche Effekte: „Gespiegelte Gedanken“ nennt der in Radeberg geborene und in Berlin arbeitende Künstler die Umkehrung des Bilds bei der Übertragung von Platte auf Papier (bis 18. 11., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Lindenstr. 34).
Anders der Abguss beim Meister der Reproduktionskunst, Giulio Paolini. „Mimesi“, zwei einander zugewandte Gipsbüsten sind nach Praxiteles „Hermes“ gefertigt. Mit „Senza titolo“ indes, zwei geschichteten, farblosen Leinwänden im Keilrahmen, manifestiert sich eine vermeintliche Leerstelle im Raum bei Mehdi Chouakri. Dort, wo Paolinis Kunst die Dinge aufzuheben vermag, dupliziert sie sie gleichermaßen: Drei neue Arbeiten ergänzen die beiden frühen. Die Assemblage „Chez Mehdi“ spiegelt das Innere der Galerie, dominierend sind zwei weiße Rechtecke. „Di ritorno“, übersetzt „Rückkehr“, ist eine Hommage an die erste Berliner Ausstellung dieses wichtigen Vertreters der Arte-Povera-Bewegung, „Del bello intelligibile“, 1982 im n.b.k. (bis 21. 10. Di.–Sa. 11 18, Mommsen-/Bleibtreustr.).
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen