: Die kleine Wortkunde
Am 5. November vor 407 Jahren versuchte der Soldat Guy Fawkes das Parlamentsgebäude in London mit 2,5 Tonnen Schießpulver zu sprengen – gelegentlich wird er in England als der einzige Mann bezeichnet, der je mit ehrlichen Absichten ins Parlament ging. Der vereitelte Anschlag katholischer Verschwörer auf die Macht der Protestanten wird bis heute in England mit dem Verbrennen einer Fawkes-Puppe gefeiert. Seit ein paar Jahren feiert auch die Occupy-Bewegung und das Hackerkollektiv Anonymous den Aufstand gegen die Mächtigen – durch das Tragen der Guy-Fawkes-Maske. Sie ist ein Symbol der Stärke, der „99 Prozent“ oder der „Legion“, sie transformiert ihre Träger zugleich in den radikalen Attentäter der Renaissance wie in ein Mitglied einer globalen Bewegung. In seinen Ursprüngen hat das Wort MASKE nichts Revolutionäres. Das französische „Masque“ und das italienische „Maschera“ bedeuten „Gesichtsbedeckung“, das lateinische „Masca“ heißt „Hexe“. Das Arabische kennt „Masara“ (Verspottung) und „Maskharat“ (Narr, Posse). Das passt nicht nur zum Karneval, sondern auch zur Fawkes-Maske. Sie zu tragen ist auch ein wenig Empörungsfasching: Revoluzzer für ein paar Stunden. Die Maske ist durch extensive Nutzung (Acta, Finanzsystem, Scientology) zur popkulturellen Ikone ohne Inhalt geworden. Bei der heutigen „Gunpowder Day“-Demo vor dem Bundestag wurde das Tragen von Masken übrigens untersagt. Aber Fawkes hatte schließlich auch keine. ERIK WENK