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Archiv-Artikel

Eine Halbzeit für Poldis Gemüt

Der 1. FC Köln schlägt Borussia Mönchengladbach mit 2:1 und verschiebt vorerst den Ärger um Lukas Podolski. Kölns Trainer Uwe Rapolder verzweifelt an der fahrlässig verschenkten zweiten Halbzeit

„Ich war immer der erste, der gesagt hat, der Poldi kriegt ein schweres Jahr“

AUS KÖLNDANIEL THEWELEIT

Uwe Rapolder schlug die Hände vors Gesicht, schüttelte sich: „Wahnsinn“. Hochrot der Kopf, fuchtelnd die Hände, so sehen Verlierer aus. Doch Rapolder hatte mit seinen Kölnern soeben 2:1 gewonnen, und das auch noch gegen Angstgegner aus Mönchengladbach, der öfter in Köln siegte als jeder andere Klub. Aber der Trainer fühlte sich „geschaffter als nach manch einer Niederlage“. Nur knapp sei er der schwersten Woche seiner Kölner Trainerzeit entkommen: „Zum Glück müssen wir nicht erleben, was hier los gewesen wäre, wenn wir noch das 2:2 bekommen hätten“, sagte er.

Nach drei Niederlagen erhoben sich bereits kritische Stimmen, die die Einkaufspolitik des Sommers in Frage stellten, und die PR-Abteilung hatte wieder einmal alle Hände voll zu tun, allerlei Gerüchte um den Superhelden Lukas Podolski zu dementieren. Der Stürmer sei unzufrieden mit der Taktik des Trainers und er beschwere sich über mangelnde Unterstützung seiner Mitspieler. Geschichten, deren Subtext stets die selben Ängste schürt: Bald ist er weg aus Köln und zaubert mit den tollen Kollegen aus der Nationalmannschaft, die dem großen Podolski einfach würdiger sind. „Es gibt einfach überhaupt kein Problem, menschlich sowieso nicht und sportlich war ich immer der erste, der gesagt hat, der Poldi kriegt ein schweres Jahr“, so Rapolder.

Seine Ankündigung, alles zu tun, um seinem Stürmer zu helfen, scheint er nun sehr ernst zu nehmen. Podolski erzählte, er habe Rapolder noch einmal darauf hingewiesen, dass er sich „wohler fühle wenn eine zweite Spitze spielt“, Rapolders Lieblingssystem aus Bielefelder Zeiten sieht allerdings nur eine Spitze vor. Wie schon gegen Mainz und Kaiserslautern stellte der Trainer mit Matthias Scherz trotzdem einen zweiten Stürmer auf, auch aufgrund der Vorlieben seines Stars, wie er einräumte. Zumindest eine Halbzeit funktionierte das prächtig. Das Team wirbelte die gegnerische Abwehr gehörig durcheinander, Podolski arbeitete mit immensem Engagement, spielte kluge Pässe, hatte einige seiner genialischen Einfälle und schoss ein wunderschönes Tor zum 1:0. Nachdem Björn Schlicke nach einer halben Stunde das 2:0 köpfte, war die Kölner Fußballwelt ein Paradies.

Ein sehr vergängliches Paradies. Kölns Manager Andreas Rettig sprach hernach von einem „Spiel der zwei Gesichter“, und Mönchengladbachs Marcell Jansen erkannte „krasse Gegensätze“. Plötzlich drückten die Mönchengladbacher Köln tief in die eigene Hälfte, hatten gute Chancen, brauchten aber einen Elfmeter von Oliver Neuville (81.).

„Natürlich mussten wir in dieser zweiten Halbzeit mehr erreichen“, ärgerte sich der eingewechselte Thomas Broich. Nach seiner starken Leistung darf er durchaus Ansprüche auf einen Stammplatz erheben. Die schwache erste Halbzeit blieb aber rätselhaft. „Wir hatten heute sechs neue Spieler in der Anfangsformation“, bemühte Köppel jene Begründung, die seit einem Jahr Gültigkeit hat für jede Art des Misslingens am Niederrhein.

In Köln hingegen kramte Rapolder eine andere Erklärung aus dem Repertoire der Trainerstandards hervor, die ebenso zutrifft: „Wir müssen jede Woche die Mannschaft und das System ändern, weil wir kaum Mal zwei Tage mit den selben Leuten trainieren können“, sagte er. Aufgrund dieser fehlenden Kontinuität habe in der zweiten Halbzeit schlicht die „körperliche Fitness“ gefehlt. Der 1. FC Köln steht mit neun Punkten zwar „exzellent da“ (Rettig) präsentiert sich aber noch längst nicht in befriedigender Verfassung. „Normalerweise sollen meine Mannschaften darauf verzichten können, sich speziell auf einen Gegner einzustellen. Aber bei uns geht das momentan nicht“, sagte Rapolder. Und deshalb werde er sich nun „einen weißen Bart ankleben und zwei Tage Bayer Leverkusen beobachten.“ Dort gibt es bekanntlich einen neuen Trainer und dort muss der 1. FC Köln Übermorgen antreten.