Konventionell unkonventionell

WITCH-HOUSE-HIPSTER Ein bisschen spät kommt das Debüt des kanadischen Duos Purity Ring. Der längst auslaufenden Witch-House-Welle hat „Shrines“ außer glatt gebügelter Kompatibilität nicht viel hinzuzufügen

Unheimlich spukt hier keins der beschworenen Gespenster mehr herum

VON ROBERT MATTHIES

Alles ganz, ganz richtig gemacht haben Corin Roddick und Megan James alias Purity Ring für ihr Debüt „Shrines“. Distanziert entrückt und zugleich unschuldig naiv schwebt Megan James’ Stimme mit niedlichen Pop-Melodien über Roddicks kristallenen Synthie-Arpeggios und eiskalt-verhallten Zeitlupen-Sphären, exakt verstolperten, zerhackten und zusammengeklebten R&B-Beats und Post-Dubstep-artig verschleppten Subbässen.

James singt mit hoch-, dann wieder ins fast Unhörbare runtergepitchter Stimme allerlei nach Selbstauskunft allesamt auf Tagebucheinträge zurückgehende beklemmende Rätsel-Poesie: Großmutter, ich bin in Träumen und Sprache unzüchtig gewesen, bohre mir Löcher in die Augenlieder, damit ich dich sehe, wenn ich schlafe. Dazu gibt es ein wenig Gothic-Ästhetik nebst Lightshow, längst vom Chillwave-Hype in den Mainstream gesickerte Vintage-Polaroid-Fotos und natürlich haben die beiden Kanadier_innen ihren ersten Song per Tumblr in die Blogosphäre geschickt, die den Ball begeistert aufgenommen hat.

So weit, so perfekt an der Grenze zur Überproduktion umgesetzt, so hip. So langweilig. Durchexerziert haben die Möglichkeiten des entsprechenden Klangkosmos längst schon all die anderen seit drei Jahren durch die Blogs gereichten Hypnagogic Pop-, Chillwave- und Witch House-Acts wie Salem, oOoOO oder Grimes.

Purity Rings Verdienst liegt im Aufräumen, Kanten-Schleifen, Glattbügeln und Popkompatibelmachen. Im Auslaufenlassen der Welle in seichte Gewässer. Unheimlich spukt hier keins der beschworenen Gespenster mehr herum, Zähneklappern, Kettenrasseln: Fehlanzeige. Zur Geisterstunde ist man längst eingelullt vom Immergleichen eingeschlafen.

■ Fr, 9. 11., 19 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66