Berliner Szenen
: Im Club

Der Wurm drin

Ich lächle. Wie schön, so etwas gesagtzu bekommen

Freitagnacht. Quirlige Beats, dämmerige Beleuchtung, bunte Lichteffekte. Ab und zu fällt ein Lichtschein auf eines der neon­farbenen, psychedelischen Wandgemälde am dunklen Ende des Raumes. Neben mir tanzt ein attraktiver Mann in einem engen, blau schimmernden Ganzkörperbody. Er ist schlank, hat dunkle Haut und macht sanfte Bewegungen. Er trägt eine silberne Halskette mit einem kleinen Schloss daran, das macht ihn geheimnisvoll. Du musst erst den Schlüssel finden, um an den Schatz zu kommen.

Er dreht sich zu mir und tanzt in meine Richtung. Wir haben einen kurzen Flirt. Da zieht ihn der Typ, der neben ihm tanzt, zu sich und gibt ihm einen eifersüchtigen Kuss. Und mir einen strengen Blick.

Einen Moment lang tanze ich einsam in der Masse, als eine Frau mit schlangenartigen Bewegungen auf mich zukommt. Ich versuche in ihren Schlangentanz einzusteigen. „Hey, are you German?“, fragt sie mich. „Yes.“ „Oh really? You don’t seem so.“ Ein Typ stellt sich neben uns. „Hey, how are you?“ – „Is this your boyfriend?“, fragt mich die Frau. „No!“, entgegne ich. „I’m here for the first time. I’m from Spain“, sagt der Typ. Ich gucke ihn finster an. Sieht er nicht, dass wir zwei Frauen gerade zusammen tanzen? Wir ignorieren ihn und er verzieht sich. Auf einmal guckt sie mich mit durstigen, schmachtenden Augen an. „I would really like to kiss you NOW!“ Ich lächle. Wie schön, so etwas gesagt zu bekommen. Unsere Münder kommen sich langsam näher und ich kann ihre weichen Lippen schon fast spüren. Da wird sie mir plötzlich entrissen. Ein Typ läuft vorbei und zieht sie mit sich. Er sieht finster aus. „Oh sorry, it’s my boyfriend!“, ruft sie mir zu, dann ist sie auch schon in der Masse verschwunden.

Hm, irgendwie ist da heute der Wurm drin, denke ich.

Uta Chotjewitz