Am Einkommen scheiden sich die Geister

Wo viel verdient wird und wenige Sozialhilfeempfänger wohnen, erhalten CDU und FDP die meisten Stimmen. Für SPD und Linke gilt das Gegenteil, die GAL ist einkommensneutral. Ergebnis der Hamburger CDU schlechter als im Bundesdurchschnitt

Während die GAL in der Innenstadt Erfolge feiern kann, sieht es für die CDU dort düster aus

Von Gernot Knödler

Wer wen wählt, ist in Hamburg offenbar nicht zuletzt eine Frage des Geldbeutels: Reich wählt Schwarz-Gelb, Arm Rot-Rot, die GAL ist einkommensneutral. Wie das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein in seiner Wahlanalyse errechnet hat, wählen unverhältnismäßig viele Alte CDU, viele Junge GAL, viele Gebildete GAL und FDP.

Bürgerschaftswahlen und Bundestagswahlen halten die Hamburger fein säuberlich auseinander: So erhielt die CDU zwar 2.480 Stimmen (0,8 Prozentpunkte) mehr als bei der Bundestagswahl vor drei Jahren. Gegenüber der Bürgerschaftswahl vom vergangenen Jahr verlor sie aber 116.000 Stimmen. Die SPD dagegen erhielt 114.000 Stimmen mehr als bei der Bürgerschaftswahl und 39.000 (3,3 Prozentpunkte) weniger als bei der Bundestagswahl 2002.

Hamburg ist nach wie vor eine linke Stadt, nur nicht bei den Bürgerschaftswahlen: Mit 53,6 Prozent erhielt Rot-Grün wie bei der Bundestagswahl 2002 (58,2 Prozent) die meisten Zweitstimmen. Die Linkspartei hinzugezählt, liegt die Mehrheit jenseits von Schwarz-Gelb bei 59,9 Prozent. Bei der jüngsten Bürgerschaftswahl dagegen erreichten SPD und GAL zusammen nur 42,8 Prozent.

Das gleiche Bild hatte eine Umfrage des Psephos-Instituts eine Woche vor der Wahl ergeben: Demnach bekundeten 52 Prozent der Befragten die Absicht, bei einer Bürgerschaftswahl CDU oder FDP zu wählen. Bei der Bundestagswahl wollten sich lediglich 40,5 Prozent für Schwarz-Gelb entscheiden. Tatsächlich wurden es 37,9 Prozent.

Die Parteien kommen in armen und reichen Stadtvierteln unterschiedlich gut an: In Vierteln mit einem hohen Anteil an Sozialhilfeempfängern wählten 8,8 Prozent die Linkspartei. Wo nur wenige Sozialhilfe beziehen, betrug deren Anteil nur 3,5 Prozent. Bei der SPD lautet dieses Verhältnis 44,3 zu 27,9 Prozent, während sich bei FDP und CDU das umgekehrte Bild zeigt. In den Vierteln mit hohem Sozialhilfeanteil erreicht die FDP 7,1 Prozent, ist dieser niedrig, sind es 12,7 Prozent. Für die CDU lauten die entsprechenden Anteile 22,5 und 40,7 Prozent.

Sortiert nach der Höhe des steuerpflichtigen Einkommens in den Quartieren zeigt sich das gleiche Bild – nur als Negativ. Allein für den Erfolg der GAL spielt es praktisch keine Rolle, ob ein Viertel arm oder reich ist.

CDU und GAL unterscheiden sich unter allen Parteien am meisten in ihrem Erfolg bei verschiedenen Altersgruppen: Je älter sie sind, desto eher wählen Hamburger die CDU und desto weniger die GAL. Während die Grünen am erfolgreichsten bei den 25- bis 34-Jährigen sind, sahnte die CDU bei den Über-60-Jährigen ab. SPD und FDP kamen bei allen Altersgruppen etwa gleich gut an. Die Linke erzielte ihren höchsten Stimmenanteil mit elf Prozent bei den 45- bis 59-Jährigen, während die Über-60-Jährigen mit 4,2 Prozent wenig von ihr wissen wollten.

Die SPD schnitt bei den Frauen besser ab: 38,8 Prozent der Frauen wählten SPD, aber nur 35 Prozent der Männer. Etwas geringer ist der Frauenüberhang bei der GAL mit 16,6 gegenüber 15,9 Prozent. Männer scheinen radikalen Rezepten eher zuzuneigen, denn sowohl die FDP als auch die Linke wurden verstärkt von Männern gewählt. Die Liberalen erreichten ihr bestes Ergebnis bei den 25- bis 34-jährigen Männern mit 11,7 Prozent, die Linke bei den 45- bis 59-jährigen Männern mit 13,5 Prozent.

Instruktiv ist ein Blick auf die Gesamtschau aller Stadtteile: Während die GAL in der inneren Stadt mit Schwerpunkt nordwestlich der Alster Erfolge feiern kann, sieht es für die CDU dort eher düster aus. Grob gesprochen punktet sie umso mehr, je weiter am Rand ein Stadtviertel liegt. Dabei sind in den Walddörfern CDU und GAL erfolgreich, während die GAL im größten Teil der Vier- und Marschlande nichts zu melden hat – ganz im Gegensatz zur CDU.

Der Stadtteil mit der höchsten Wahlbeteiligung war Wohldorf-Ohlstedt. Hier lag sie bei 89,2 Prozent, dicht gefolgt von Lemsahl-Mellingstedt mit 89,1 Prozent. Am meisten SPD gewählt wurde in Steilshoop mit 49,8 Prozent. Rang zwei erreichte Wilhelmsburg mit 48,5 Prozent. Die CDU war mit 49,1 Prozent in Reitbrook besonders erfolgreich und erreichte ihr zweitbestes Ergebnis in Nienstedten mit 48,5 Prozent. Die GAL schnitt in St. Pauli mit 34,1 Prozent und Ottensen mit 32,3 Prozent besonders gut ab, die FDP in Blankenese mit 17,4 Prozent und Wohldorf-Ohlstedt mit 16,7 Prozent. Die Linke eroberte ebenfalls St. Pauli mit 13,7 Prozent und den Kleinen Grasbrook/ Steinwerder mit 12,8 Prozent.