: Kopfgeldjäger finden Katholiken
TREFFER Ein Verlag hatte Prämien für Hinweise auf die Macher des rechtsextremen Portals kreuz.net ausgelobt. Nun erhielt die Berliner Staatsanwaltschaft eine Liste mit Namen
VON RENÉ MARTENS
Dass ein Verlag bei der Fahndung nach realen Kriminellen eine maßgebliche Rolle spielt, ist eher ungewöhnlich. Dennoch hat sich eine entsprechende Kampagne des Bruno Gmünder Verlags gegen die neonazistische Plattform kreuz.net jetzt bereits als Erfolg erwiesen. Vor einem Monat hatte der Verlag aus Berlin-Schöneberg, in dem unter anderem die Lifestyle-Zeitschrift Männer erscheint, eine Belohnung von 15.000 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zu den Hintermännern des Portals führen (taz vom 8. 10. 2012). Anlass für die Aktion war ein strafrechtlich relevanter Hetzartikel gegen den verstorbenen homosexuellen Komiker Dirk Bach.
Ein Teil der beim Verlag eingegangenen Hinweise erwies sich als derart substanziell, dass der Theologe David Berger, der die Aktion koordiniert, und die Rechtsanwältin Sissy Kraus sich am Dienstag mit der Berliner Staatsanwaltschaft treffen konnten. „Spiegel Online“ berichtet, sie hätten der Behörde eine Liste von fünf Verdächtigen übergeben. Der Verlag kann nicht nur auf die auf Privatinitiative basierenden Vorermittlungsergebnisse verweisen, sondern auch darauf, dass mittlerweile 23.500 Euro für die Aktion „Stopp kreuz.net“ zusammengekommen sind – Stand: Mittwochvormittag. Offiziell firmiert kreuz.net als Portal für „katholische Nachrichten“, aber man findet dort verfassungsfeindliche Inhalte vieler Art; der Holocaust wird regelmäßig geleugnet. Dazu gesellen sich radikalkonservative Texte, die juristisch unbedenklich sind. Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich zwar von kreuz.net distanziert. Philip Saß, Betreiber des Watchblogs „Episodenfisch“, der in erster Linie das im Vergleich zu kreuz.net gemäßigte Portal kath.net im Blick hat, meint aber, man müsse „nicht lange suchen, um grundlegende Positionen von kreuz.net ähnlich in offiziellen Papieren des Vatikan zu finden“. Die fünf Verdächtigen, die auf der Liste des Bruno Gmünder Verlags stehen, sind allesamt Mitarbeiter der katholischen Kirche, darunter ein in diesem Jahr pensionierter Religionslehrer aus dem hessischen Hadamar. Die übrigen Verdächtigen stammen aus der Schweiz und Österreich.
Wie kreuz.net tickt, zeigt die Reaktion auf den aktuellen „Spiegel Online“-Bericht zur Übergabe der Recherchen an die Staatsanwaltschaft. „Gaystapo“, „Homo-Faschismus“, „SS-Spiegel“ – so lauten die Schlagwörter.
Der Host Provider von kreuz.net sitzt in den USA. Verurteilen könnte man die Macher hierzulande aber durchaus.
Im Jahr 2000 hat der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil entschieden, dass ein australischer Holocaustleugner nach deutschem Strafrecht zur Rechenschaft gezogen werden kann, obwohl das Leugnen des Holocaust in Australien nicht verboten ist.
Maßgeblich dafür, ob deutsches Strafrecht angewendet werden kann, ist demnach, ob die volksverhetzenden Inhalte in Deutschland per Internet abrufbar sind.