: Keine Elefanten da
Zwischen nervös und trist: Die Republikaner in Ohio haben auf der Wahlparty nichts zu feiern
CINCINATTI taz | Paula Williams und ihre Enkelin sind in knallroten Blusen gekommen. Es ist die Farbe der Republikaner. Am späten Dienstagabend sitzen die beiden Wahlkampfhelferinnen allein an einem runden Tisch in einem viel zu großen Saal des Kongresszentrums von Sharonville. Paula Williams ist eine gläubige Katholikin. „Ich halte nichts von Abtreibung“, sagt die 63-Jährige. „Und nichts von der gleichgeschlechtlichen Ehe. Ich bin für ein starkes Militär. Und gegen zu viel Wohlfahrtsstaat.“ Sie hat auch gehofft, dass ihre Rente, die seit zwei Jahren nicht erhöht worden ist, unter Romney steigen würde. Die beiden Frauen gehen, noch bevor wirklich feststeht, dass ihnen vier weitere Jahre Obama bevorstehen.
„Die Elefantenherde stürmt heran“, hatte auf der Einladung zu diesem Abend in Sharonville gestanden. Hier im Norden Cincinnatis hat der Autokonzern Ford eine große Fabrik, die Gemeinde hat Geld. Der Saal ist zu zwei Drittel leer, auf der Bühne lösen sich lokale und nationale Politiker der Republikanischen Partei ab. Der Südwesten von Ohio hat an diesem Wahltag vier republikanische Kongressabgeordnete – darunter auch den Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, John Boehner – sowie zahlreiche Lokalpolitiker und Senatoren im Bundesstaat wiedergewählt. Der Abgeordnete Steve Chabot sagt am frühen Abend: „Natürlich bin ich nervös. Aber nicht wegen meiner eigenen Wiederwahl. Sondern wegen Romney.“
„Die Blockade geht weiter“
An einem weiteren Tisch sitzen zwei befreundete Paare. Die beiden Frauen, 20 und 40 Jahre alt, sind arbeitslos. Der ältere Mann, 51, ist arbeitsunfähig. Und der mit 23 Jahren Jüngste am Tisch hat bereits acht Arbeitsjahre hinter sich. Im Augenblick ist Bobby Mason in der Autoindustrie beschäftigt, von der einer von acht Jobs in Ohio abhängt. Der junge Mann baut Radios ein. Obama hat die „großen Drei“ der Autobranche im Jahr 2009 mit einem milliardenschweren Rettungsprogramm vor dem Bankrott bewahrt. Die „Autorettung“ ist das Hauptargument der Demokratischen Partei für Obamas Wiederwahl in Ohio und im benachbarten Michigan gewesen. Aber Bobby Mason, der als Einziger am Tisch in Lohn und Brot steht, sagt, das sei ein Fehler gewesen. Wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig sei, solle man es pleitegehen lassen. Anschließend kämen andere und würden die Lücke füllen.
Bill Seitz, der republikanische Senator in Ohio, sagt, Romney habe eine „ziemlich gute Kampagne“ gemacht . Seitz macht bereits Manöverkritik. Seine größte Enttäuschung ist, dass die Republikaner die Mehrheit im US-Senat verfehlt haben. „Die Blockade in Washington wird weitergehen“, prognostiziert er. Er macht die Nominierung von „zu extremen Kandidaten“ dafür verantwortlich. Namentlich nennt er die beiden radikalen Abtreibungsgegner Richard Mourdock und Todd Akin, deren Einzug in den US-Senat in Indiana und Missouri gescheitert ist. Beide Staaten stimmen sonst republikanisch. Seitz folgert daraus, dass die Tea Party zwar die radikale Basis seiner Partei mobilisiere, aber nicht für nationale Wahlen taugt. Das hätten schon im Jahr 2010 die Niederlagen der radikalen Kandidatinnen bei den Halbzeitwahlen in Nevada (Sharron Angle) und Delaware (Christine O’Donnell) gezeigt. Bei künftigen KandidatInnenküren, sagt er, „müssen wir klug sein“.
DOROTHEA HAHN