: 5 Dinge, die wir diese Woche gelernt haben
Lektionen
1. Angela Merkel dreht auf
Nicht nur in der Sache um die Ehe für alle zeigt sich Merkel gerade begeisterungsfähig für Gleichheitsideen. Auch dass sie in ihrer Regierungserklärung zum G-20-Gipfel Trump mit seiner Abkehr vom Klimaschutz kritisiert und zudem Verständnis für die Proteste gegen G 20 äußert, beweist, sie ist in einer Phase, in der sie Haltung zeigt. Warum? Weil Wahlkampf ist, sie die SPD in die Ecke drängen will und offenbar gehört hat, was Umfragen bestätigen: dass ein Großteil der Bundesbürger mehr soziale Gerechtigkeit will.
2. Health Care für alle
Bernie Sanders twitterte am 25. Juni eine, wie er selbst sagt, „crazy idea“: Er schlägt vor, dass alle Menschen auf der ganzen Welt eine umlagenfinanzierte Krankenfürsorge bekommen, anstatt sie jetzt, wie Trump und seine Kohorte planen, 23 Millionen US-Bürgern wegzunehmen. Manche Idee wirken, zum ersten Mal ausgesprochen, wirklich verrückt – ohne es zu sein.
3. Dressurreiten 2.0
Tierschutz im Dressurreitsport ist möglich, wie die Finnen zeigen: Dort kamen laut eines Berichts, der jetzt auf CNN gezeigt wird, im Mai 5.000 Zuschauer zu einem Wettkampf in den Kaivopuisto Park in Helsinki, bei dem sich meinst Teenager Holzpferdchen zwischen die Beine klemmen und damit auf einem Parcours galoppieren und über Hürden springen. Nicht ausgeschlossen ist, dass die Begeisterung fürs Dressurreiten 2.0 bald die Welt erobert.
4. Die Mägde protestieren
„Der Report der Magd“ heißt ein Roman von Margaret Atwood, der kürzlich verfilmt wurde. Darin etablieren religiöse Fanatiker ein theokratisches System, in dem Frauen keinerlei Rechte haben. Mägde, gekleidet in rote Roben und weiße Hauben, sind die verbliebenen Frauen, die trotz Umweltkatastrophen noch fruchtbar sind. Sie werden von regimetreuen Frauen umerzogen und von regimetreuen Männern geschwängert. – Das Outfit der Mägde wurde dank des Films nun in den USA von Demonstrantinnen entdeckt die so gekleidet an vielen Orten in Amerika gegen die Beschneidung der Reproduktionsrechte von Frauen und den konservativen Rollback demonstrieren.
5. Nun gibt’s das ß in groß
Der deutsche Rechtschreibrat ist, was in George Orwells Buch „1984“ die Funktionäre sind, die das Neusprech erfinden: Diktatoren des Worts. Zwar drehen sie Inhalte noch nicht um, „frei sein“ bedeutet bei ihnen noch nicht nur „frei von Läusen sein“, ihre eigenen Entscheidungen von früher revidieren sie aber gerne. Wenn Kinder nun „Grislibär“ oder „Ketschup“ schreiben, wie der Rechtschreibrat früher beschied, und nicht „Grizzlybär“ oder „Ketchup“, machen sie Fehler. Dass es das ß dafür nun auch in groß gibt (nur, wo ist es auf dieser Tastatur?), entschädigt nicht. Bestenfalls arbeitet der Rechtschreibrat damit der staatlichen Bürokratie zu, denn Wörter, die mit ß anfangen, sind nicht bekannt. Das große ß wird nur in Ausweisen gebraucht, dort steht alles in Versalien. Waltraud Schwab
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