LeserInnenbriefe
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Griechenland ist der Schlüssel

betr.: „Das stinkt alles zum Himmel“, taz vom 26. 6. 17

In den Deutschen Wirtschaftsnachrichten habe ich erfahren, dass die Konservativen nur die Tranche auszahlen wollen, wenn Tsipras abgewählt wird. Schäuble hat keine andere Agenda, es ist die einzige Agenda, die er gegenüber Griechenland hat, und sie prägt alle seine Äußerungen und Erpressungen gegenüber der griechischen Regierung und gegenüber den europäischen „Partnern“, von Anfang an.

Liebe taz-Redaktion, in einem Artikel bleibt eine solche These natürlich dünn, wenn sie nicht wirklich nachgewiesen werden kann, aber ein solcher Artikel erscheint mir sehr notwendig. Europa soll auf einen konservativen, neoliberalen (eigentlich ein Widerspruch) Kurs verbindlich festgelegt werden. Und am besten unter Führung Deutschlands. Die Behandlung der Griechenlandkrise ist der Schlüssel für eine Neuorientierung der Europapolitik. Man bräuchte geradezu einen Wahlaufruf, der die Wahl der SPD und der Grünen abhängig macht von einer solchen klaren Stellung zu Europa, die sich in einem entsprechend konkreten Verhalten gegenüber Griechenland äußert. Das müsste die Bedingung sein, und mit Macron ist das möglicherweise auch realiter zu machen.

Die Gegnerschaft oder nur laue Verteidigung der EU bei der Linken resultiert aus der fatalen vorherrschenden Europapolitik der Schäubles, die das verfasste Europa kaputtmacht. Aber ohne Europa wird auch die linke, internationale Tradition und Kultur Europas zugrunde gehen, und davor graut mir.

BURKHART BRAUNBEHRENS, Ebertsheim

SPD kann keine Fehler zugeben

betr.: „Die Suche nach dem Riss in der Teflonschicht“, taz vom 26. 6. 17

Schulz’ Problem ist doch, dass er nicht nur nicht zeigt, was er anders als Merkel in Deutschland machen wird, sondern dass er ebenfalls nicht schlüssig zeigt, was er in Deutschland ausbügeln will, was er und die SPD in Europa oder im Bund in letzter Zeit verbockt haben (Handelsabkommen, europäische Steuerpolitik, Autobahnprivatisierung, Wohnraumprivatisierung). Zum Beispiel. Das hieße allerdings zuzugeben, dass Entscheidungen der jüngeren Vergangenheit falsch waren, und das trauen sich Schulz und die SPD (noch) nicht. Das ist meiner Meinung nach der große Ballast, den Schulz mitschleppt zur Wahl.

CARLO SCHMIDT, Stuttgart

Zahlenspiel mit taz-Meldungen

betr.: „Klare Kante angesagt“, taz vom 23. 6. 17

Es macht immer wieder Spaß, sich beim Lesen der taz an kleine Meldungen ein paar Seiten zuvor zu erinnern, um die Absurdität mancher Behauptung zu entdecken.

So behauptet Niklas Potrafke in seinem Loblied auf die CDU, dass eine Anhebung des Spitzen- und Reichensteuersatzes der Staatskasse nur wenig einbringen würde, während sechs Seiten zuvor über eine Kleine Anfrage der Linksfraktion berichtet wird, wonach in den letzten zehn Jahren 1,9 Milliarden Euro an Sank­tio­nen für Hartz-IV-Empfänger verhängt wurden. Im Schnitt also 190 Millionen Euro Einnahmen pro Jahr (und rund 108 Euro pro Sanktion, wie sich flink recherchieren lässt), für die der Staat keine Kosten und Mühen scheut. Zwei Internetseiten weiter findet sich die Angabe, wonach es rund 540.000 Menschen in Deutschland gibt, die über 125.000 Euro verdienen, und dass der Spitzensteuersatz ab 52.125 Euro gilt.

Preisfrage: Um wie viel müsste der Spitzensteuersatz ansteigen, wenn keiner (!) der 540.000 Leute mehr als 125.000 Euro verdiente und hierüber die „Einnahmen“ der Hartz-IV-Sanktionen erbracht werden sollen? Antwort: Um ganze 0,48 Prozent oder eben um 350 Euro pro Spitzenverdiener.

Aha, so ist das also: 190 Millionen Euro in Kleckerbeiträgen „manuell“ zu sammeln (Missstand erkennen, Sanktion umsetzen, gegebenenfalls Klagen abwehren), das ist der Hit (bei dem mit einer durchschnittlichen Höhe von 108 Euro pro Sanktion das Geschäft für den Staat negativ ausfallen dürfte, nicht nur finanziell, sondern auch gesellschaftlich), während eine Zahl in einer Steuertabelle zu ändern (fast) nix bringt. Ich hoffe, die Studenten des Professors Potrafke sind klüger als er selbst.

SEBASTIAN SCHEFFLER, Hamburg

Ein Ja mit Hintergedanken

betr.: „Ja. Endlich!“, taz vom 28. 6. 17

Der plötzliche Gesinnungswandel von Angela Merkel ist kein Zufall, und er basiert auch nicht auf Sympathie und Empathie für Homosexuelle. Vielmehr möchte Frau Merkel mit diesem Wandel kurz vor der Kanzlerwahl auf Stimmenfang bei Homo­sexuellen gehen. JULIA ENGELS, Elsdorf

Dostojewski! Gut für den Blutdruck

betr.: „Weiße Nächte“, taz vom 24. 6. 17

Geschätzte taz, Du machst es einem fast täglichen Leser nicht leicht: die immer noch zu häufige Vulgärsprache, die immer wieder vollkommen undifferenzierte Berichterstattung in Sachen Migration und Einwanderung – kaum auszuhalten und gar nicht gut für den Blutdruck!

Und dann das: Dostojewski unkommentiert über eine ganze Seite … das ist gut, herzerwärmend und ganz wichtig. Ja, das hat mir trotz aller Friktionen hoffentlich ausreichend Kraft gegeben, es mindestens noch ein Jahr mit Dir auszuhalten.

FABIAN STEFFEN, Hamburg