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Gut sortiertes Wundertütenprogramm

KiezsalonDas neue Ding in der Musikbrauerei an der Greifswalder Straße: Mandolinenmusik

Das neue Ding, so viel kann man schon mal sagen, ist schwesterliche Mandolinenmusik aus Indien.

Hören durfte man das am Mittwoch im Kiezsalon, dieser aparten Konzertreihe in der Musikbrauerei an der Greifswalder Straße mit einem schön sortierten Wundertütenprogramm und einer prinzipiellen Neugier auf verschiedenste Musiken. Hier dürfen sich Pop und Folk und Avantgarde zwanglos begegnen, ohne sich irgendwie voreinander rechtfertigen zu müssen oder besonders in Positur zu werfen. Es geht um Musiken im Kiezsalon. Es geht um Musik.

Die schwebte zum Auftakt am Mittwochabend als eine mit Klassikreminiszenzen durchwirkte Klangwolke durch die eindrucksvolle Fabrikarchitektur der Musikbrauerei. Manchmal arbeiteten sich da Kratzklänge und sonstige Störgeräusche heraus, die allerdings, so behutsam vermittelt, gar nicht als störend empfunden werden konnten bei dem portugiesischen Projekt – Joana Gama, Luís Fernandes und Ricardo Jacinto –, das mit Flügel, Cello und Elektronik musikalische Vorarbeiten von Erik Satie in ein ruhig atmendes Ambient übertrug.

Dann spielte Brigid Mae Power eine Handvoll Songs. Andächtige Slow-Motion-Lieder, die in ihrer psychedelischen Folkstimmung durchaus Vergleiche mit der Incredible String Band aushalten können. Ihr erster Auftritt in Berlin sei es, sagte die irische Singer-Songwriterin. Der Kiezsalon, auch eine Plattform für Entdeckungen.

Gleichfalls erstmals in Berlin waren dann eben die Mandolin Sisters zu hören. Ein Schwesternpaar aus dem südindischen Chennai, das sich an seinen elektrischen Mandolinen mit fein ineinander verhakten Läufen einer karnatischen Trancemusik widmete, südindische Klassik, mit heftigen Unisono-Jagden, im fliegenden Wechsel durchgearbeitete melodische Variationen, hin und her mit bestätigenden Echos von Motiven. Hochgeschwindigkeitsspiel in einer gestochenen Präzision. Ein Irrwitz.

Eigentlich mochte man meinen, dass sich die beiden Schwestern mit ihrer Musik in einen Rausch spielten. Der dann aber wohl ziemlich sublimiert und ganz nach innen gerichtet beschaffen sein müsste. Denn blickte man auf, nach vorn, sah man dort die beiden Schwestern auf die Bühne hingegossen in ihren rosafarbenen Kleidern, unerschütterlich in ihrer Position, unverrückt und diszipliniert, fast scheu, ohne eine merkliche Veränderung ihrerseits während des das Publikum begeisternden Konzertes.

Dass bei dieser Kiezsalon-Ausgabe etwas Besonderes zu erwarten war, zeigte schon die Dichte an Musikern und Musikmultiplikatoren – Kuratoren, Veranstaltern – im Publikum, obwohl man an diesem Mittwochabend doch auch anderswo bei Konzerten, etwa bei Modfather Paul Weller oder den Noise-Spezialisten Merzbow und Keiji Haino auf seinen musikalischen Geschmack hätte kommen können. Man wird die Mandolin Sisters bestimmt wieder mal auf (nicht nur) Berliner Bühnen zu hören bekommen. Spätestens im nächsten Jahr sollten sie schätzungsweise doch das Ding sein bei den Sommerfestivals. Thomas Mauch

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