Verurteilung Chodorkowskis ist rechtskräftig

Moskauer Berufungsinstanz weist Einspruch des enteigneten Yukos-Chefs zurück. Strafmaß leicht gemildert

MOSKAU taz ■ In einem eintägigen Berufungsverfahren hat das Moskauer Stadtgericht am späten Donnerstagabend die Einsprüche des früheren Chefs des Yukos-Ölimperiums, Michail Chodorkowski, und des Mitangeklagten Platon Lebedew gegen ihre Verurteilung im Mai durch ein Moskauer Gericht zu neun Jahren Lagerhaft zurückgewiesen. Betrug und Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen wurde den beiden Magnaten zur Last gelegt. Das Moskauer Stadtgericht verminderte das Strafmaß auf acht Jahre.

„Die Strafe tritt sofort in Kraft, ich bitte das Wachpersonal, den Verurteilten wegzubringen“, sagte der Richter Wjatscheslaw Tarasow nach einer in halsbrecherischem Tempo durchgepeitschten elfstündigen Verhandlung. Die Urteilsverlesung im Mai hatte sich noch zwölf Tage hingezogen. Chodorkowskis Anwalt Juri Schmidt begründete die Eile des Gerichts mit der Absicht des Verurteilten, im Dezember zu Nachwahlen für die Duma anzutreten. Chodorkowski kann jetzt nicht mehr kandidieren, was wohl das Ziel des Kremls war. Die Kandidatur des oppositionellen Oligarchen sorgte nicht nur für Unruhe, der Fall Chodorkowski war auch wieder im Gespräch.

Wegen erheblicher Verfahrensfehler und weniger als zwei Wochen zur Einsicht der 15.000 Seiten Prozessakten hatten die Anwälte eine Neuaufnahme des Prozesses gefordert. Das Gericht lehnte ab. Auch einer Befangenheitsklage gab das Gericht nicht statt. Das Urteil sei „eine Beleidigung unserer Gesetze“, sagte Anwalt Schmidt. Noch in der Nacht stempelten Mitarbeiter des Geheimdienstes FSB den Pass des amerikanischen Chodorkowski-Anwalts Robert Amsterdam ungültig und forderten ihn auf, Russland zu verlassen.

KLAUS-HELGE DONATH