Berliner Szenen: Wieder was gelernt
50 Cent pro Anruf
Kinder kosten Geld, aber sie machen klug. Das weiß jeder, der Kindern bei den Hausaufgaben hilft: Von meinem Sohn, einem Fünftklässler, habe ich jedenfalls schon in Bio, Geschichte und Englisch neue Details gelernt. Aber auch im Alltag erfährt man durch Kinder, wie Dinge funktionieren, für die man sich sonst nie interessieren würde: Radio-Gewinnspiele zum Beispiel.
„Papa, Papa, du musst unbedingt im Radio anrufen“, rief der Junge an einem Samstag aufgeregt. Er hatte wieder einen Berliner Privatsender gehört, bei dem es nur dusseliges Gequatsche, schlechte Musik und Werbung zu hören gibt. „Ich habe die Lösung des Radio-Rätsels, darf aber nicht anrufen, weil ich ein Kind bin.“ – „Besser ist es“, sage ich, „die wollen doch eh nur deine Telefonnummer, um uns hinterher mit Werbeanrufen zu belästigen.“
Damit lag ich falsch, wie ich erfuhr, als ich seine Bitte letztlich erfüllte: Ich rief beim Sender an, und obwohl ich nicht durchkam, kostete der Anruf 50 Cent, wie eine Bandansage bekanntgab. So einfach kann Abzocke sein! Mein Sohn wollte es noch mal probieren, aber ich sagte Nein. „Es sei denn, du bezahlst ab jetzt jeden Anruf von deinem Taschengeld.“ Er zögerte einen Moment, dann lief er aus dem Wohnzimmer. „Überleg mal“, rief ich ihm nach, „wie viele Leute mindestens anrufen müssen, damit der Sender Geld verdient, wenn er tatsächlich 1.000 Euro Gewinn ausschüttet?“
Genau eine Woche später stürmt mein Sohn wieder mit dem Telefon in der Hand ins Wohnzimmer – und legt ganz selbstverständlich ein 50-Cent-Stück auf den Esstisch. „Papa, ich weiß die Lösung, du musst anrufen!“ „Okay“, sage ich, „probieren wir es!“ Natürlich ist auch dieser Anruf erfolglos. „Willst du noch mal?“, frage ich. „Nee, das reicht.“ Richard Rother
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