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Archiv-Artikel

Private wollen mehr Schleichwerbung

Verbraucherschützer fordern bei der NRW-Medienversammlung in Dortmund, im Fernsehen Werbung und Programm klar zu trennen. Die Privat-Sender hoffen dagegen auf zusätzliche Einnahmen durch „Product-Placement“

DORTMUND epd ■ Der Vorschlag von EU-Kommissarin Viviane Reding, Product-Placement im Fernsehen mit einem beigefügten Warnhinweis zu erlauben, ist von Verbraucherschützern als „Mogelpackung“ kritisiert worden. „Wir brauchen Klarheit und Wahrheit, eine klare Trennung von Werbung und redaktionellem Programm, und keine Hinweise, die nur mit der Lupe zu erkennen sind“, sagte Matthias Arkenstette von der Verbraucherzentrale NRW am Samstag auf der „Medienversammlung“ des Landes Nordrhein-Westfalen in Dortmund.

Arkenstette ist auch Mitglied der Medienkommission der Landesanstalt für Medien (LfM). Die Landesanstalt war am Samstag Gastgeberin der „Medienversammlung“, auf der Zuschauer, Experten und Programmverantwortliche miteinander diskutieren können. Dabei ging es diesmal um Schleichwerbung im Fernsehen. Der Vorsitzende der LfM-Medienkommissionsvorsitzende Wolfgang Hahn-Cremer sagte: „Nach den bisherigen Erkenntnissen ist ja mit Mitteln der Schleichwerbung alles beworben worden, was man nur irgendwie in ein Format hineinpacken konnte.“

Konrad Peschen vom Verband der Film-, Fernseh- und Videowirtschaft erklärte, der zunehmenden Kostendruck bei TV-Produzenten sorge für „den Sündenfall, der sich durch die ganze Branche zieht“. Wenn der Filmetat nicht reiche, würden „viele kreative Wege der Geldbeschaffung“ gegangen, darunter auch das bezahlte Product-Placement, das gesetzlich verboten ist. Das könne bei Beistellungen von Autos anfangen und damit enden, dass die Auftraggeber die Drehbücher umschreiben wollten, sagte Peschen.

Für Product-Placement sprach sich Ursula Adelt aus, die Geschäftsführerin des Verbands Privater Rundfunk und Telekommunikation. Wer weiter ein duales Rundfunksystem in Deutschland und neue digitale TV-Angebote wolle, der müsse den Privatsendern in Zeiten sinkender Werbeeinnahmen neue Einnahmequellen sichern, erklärte sie in der Diskussion. Ihr Verband begrüßt den Vorschlag von EU-Kommissarin Reding, Product-Placement freizugeben.

Auch Andreas Schnoor, Inhaber zweier Placement-Agenturen in München, verteidigte die unerlaubte Werbeform: „Product-Placement ist ein sehr effizientes Instrument und wirksamer als Spots in Werbeblöcken.“ Schnoor hatte die meisten Schleichwerbefälle in der ARD-Serie „Marienhof“ zu verantworten. Die Affäre, die im Juni von der Nachrichtenagentur epd aufgedeckt worden war, führte zu mehreren fristlosen Kündigungen bei der mitwirkenden TV-Produktionsfirma Bavaria Film sowie zu drastischen Gegenmaßnahmen bei der ARD, die von Schnoors Praktiken nichts wusste.

Die Zuhörer in Dortmund sorgten sich vor allem darum, ob mit heimlichen Themen-Placements auch politisch Einfluss genommen werden könnte. „Wie kann man zukünftig verhindern, dass sich eine Partei eine Figur in eine Serie hineinschreiben lässt?“, so eine Frage aus dem Publikum. Nur mittels einer verstärkten Medienkompetenz aller Zuschauer könne es Schleichwerbern zukünftig schwerer oder unmöglich gemacht werden, ihre versteckten Botschaften unterzubringen, wurde argumentiert. „Letzte Instanz“ seien die Zuschauer, sagte Uwe Kammann vom Adolf-Grimme-Institut: „Abschalten können wir immer“.