: Besuch von drüben
GASTSPIEL Auf Kampnagel ist noch bis Sonntag Tanz und Performance aus New York zu sehen
Nein, dem bösen König in seinem goldenen Turm wird das nicht gefallen. „Playlist New York“ heißt ein kleiner, noch bis Sonntag dauernder Kampnagel-Schwerpunkt, und wenn da von New York die Rede ist, dann ausdrücklich als „Projektionsfläche und reales Zentrum der amerikanischen Kunstwelt“. Im Unterschied etwa zu New York als Zentrum der Finanzwirtschaft, wobei deren Existenz – man kann das ironisch finden – nicht zuletzt den Kunstmarkt befeuert: Irgendwas muss man sich doch an die Penthouse-Wand hängen, wenn der Blick auf den Central Park zu langweilen beginnt.
Es geht hier aber nicht um kreative Wertanlagen, sondern um vergleichweise Flüchtiges: um performative Kunst, um Tanz, aber auch um Dinge wie queeres Leben, das sich ja in so einer küstennahen Großstadt viel besser realisieren lässt. Dass Rashaad Newsomes Videoinstallation eine ganz besondere New-Orleans-Straßenparade in Szene setzt, tut dem keinen Abbruch: Seine gleichnamigen queeren Kostümbälle hält der Mann jedes Jahr wo ab? Eben.
Mit Deborah Hay ist eine seit den 1960er-Jahren aktive, mithin wirklich mal legendär zu nennende Choreografin mit an Bord. Ihr Stück „Figure a sea“, getanzt vom schwedischen Cullberg-Ballett, verarbeitet dann auch noch Musik von Laurie Anderson, spätestens seit den frühen 1980ern eines der Gesichter einer spezifisch New Yorker Avantgarde-Idee.
Only in New York ist wohl auch einer wie Stanley Love vorstellbar: Der Mann heißt wirklich so, er hat die Juilliard School absolviert, also die musische Talentschmiede der westlichen Welt schlechthin. Die damit offen stehenden Karrierewege verschmähte er, um stattdessen erklärtermaßen Freude zu verbreiten, indem er Menschen zum Tanzen verleitet – sei es im Museum oder im Central Park. Auch sein Stück „Brings, Swings, Flings, Wings, Rings, Living Happeningzings“ nun ist keine Zurschaustellung von Virtuosität, sondern vor allem ein zutiefst sympathisches Miteinander zu allerlei – auch peinlicher – Popmusik. ALDI
Cullberg-Ballett/Deborah Hay/Laurie Anderson: Sa + So, 20 Uhr; Stanley Love Performance Group: Sa, 20.30 Uhr; Keyon Gaskin: Sa, 19 Uhr, Kampnagel. Jeweils ab 18 Uhr ist im Foyer – bei freiem Eintritt – die Videoinstallation „King of arms“ von Rashaad Newsome zu sehen
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