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Archiv-Artikel

„Mit langem Atem“

Mit gut abgehangenen Produktionen aus Hollywood will der US-Konzern NBC im lukrativen deutschen TV-Markt „Das Vierte“ auf die Beine stellen

Ab Donnerstag ist Deutschland um ein weiteres TV-Programm reicher: Aus NBC-Giga wird Das Vierte. Das „Fernsehen der Generation @“ verschwindet im Nachmittagsprogramms, dafür gibt es gut abgehangene Serien und Spielfilme made in Hollywood. Der Sender erreicht rund 80 Prozent aller TV-Haushalte und gehört zum US-Medienkonzern NBC Universal, der in Deutschland bereits drei Pay-TV-Kanäle (Studio Universal, 13th Street, SciFi Channel) betreibt.

taz: Herr Vien, „Das Vierte“ ist als Name nicht schlecht. Wer hat’s erfunden?

Patrick Vien: Die Idee kam natürlich aus Deutschland, nicht aus New York. Wir wollen eine deutsche Marke sein, keine amerikanische. Das zeigt auch gleich, wie wir arbeiten: Wir nutzen die kreativen Ideen vor Ort.

Wirklich? Das Vierte ist schließlich zu 100 Prozent made in USA und heißt im Untertitel „Wir sind Hollywood“.

Ja, klar. Wir wollen die deutsche Leidenschaft für Hollywood ausnutzen. Die Deutschen mögen Hollywood.

Klar. Sie können aber jeden Tag jede Menge Hollywood auf den rund 40 deutschen Free-TV-Sendern sehen. Ist da überhaupt Platz für Das Vierte?

Wir sind überzeugt, dass das läuft. Wir haben sehr realistische Erwartungen, was den Marktanteil angeht – ein bis zwei Prozent.

Dabei haben doch sogar große Sender wie ProSieben immer mehr Schwierigkeiten, wenn es um die Akzeptanz von US-Programmen geht.

Aber deren Probleme mit aktueller US-Programmware kann man doch nicht mit „Das Vierte“ gleichsetzen. Es ist etwas ganz Anderes, ob man mit „Desperate Housewifes“ um 20 Uhr den großen Hit in der Primetime landet oder ob „Das Vierte“ für ein Wiedersehen mit berühmten Filmen und Serien sorgt.

Wiedersehen ist ein gutes Stichwort: So bleibt das Programm billig, weil die Sendungen alle aus dem NBC-Universal-Archiv kommen.

Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Das Vierte kostet uns schon eine ganze Menge. Nur weil Ihnen ein Programm gehört, ist es doch nicht gleich umsonst.

Ihr Versuch, im deutschen Free-TV-Markt mitzumischen, kommt trotzdem ziemlich spät.

Gut, aber wir haben doch gesehen, dass einige US-Medienunternehmen, die früher am Start waren, im deutschen TV-Markt eine ziemlich schwere Zeit hatten. Klar können Sie jetzt sagen, wir sind spät dran. Aber ich denke, es ist genau der richtige Zeitpunkt. Denn im deutschen Fernsehmarkt entstehen mehr und mehr genau auf ein bestimmtes Publikum fokussierte Programme. Neun Live ist ein Beispiel dafür, jetzt das Vierte – und wir werden wahrscheinlich noch mehr davon sehen.

Sehen das die Anzeigenkunden genauso? Schließlich finanziert sich Das Vierte allein durch Werbung.

Wir haben einen langen Atem. Der 29. September ist Tag eins, und dann kommen viele Monate, die über unsere Zukunft entscheiden. Wir sind aber bereits jetzt sehr ermutigt von der Reaktion der Werbeindustrie.

Was wird aus Giga? Viele sahen darin einen Prototyp für das Fernsehen der Zukunft, jetzt bleibt gerade mal ein dreistündiges Programmfenster.

Giga ist ein wichtiger Teil unser Strategie. Wir bauen hier schließlich ein Unterhaltungs-Network auf. Und für diese Altersgruppe ist 13 bis 16 Uhr eine Art Nachmittags-Primetime.

Sie machen in Deutschland ja schon länger Pay-TV. Kann der Markt fürs Bezahlfernsehen bei über 40 frei empfangbaren Programmen überhaupt noch weiter wachsen?

Das ist sehr schwarz-weiß gesehen. Natürlich gibt es mehr Konkurrenz im deutschen Free-TV als in anderen Ländern. Aber deshalb kann man doch nicht sagen, ein Ausbau des Pay-TV macht in Deutschland keinen Sinn. Wie stark der Bezahlfernsehmarkt in Deutschland noch werden kann, wissen auch wir nicht. Aber er wird weiter wachsen, davon sind wir überzeugt.

Deutschland ist zwar der zweitgrößte Fernsehmarkt der Welt, hat aber bei vielen internationalen Medienunternehmen keinen guten Ruf: Zu viel Bürokratie, 16 verschiedene Landesmediengesetze …

Ich finde nicht, dass Deutschland so schwierig ist. Vielleicht liegt das auch daran, dass wir langsamer und vorsichtiger in den deutschen TV-Markt gegangen sind als andere.

INTERVIEW: STEFFEN GRIMBERG