: Entlarvungslüsterne Germanistik
betr.: „Ein obsessives Projekt“, taz vom 23. 9. 05
Man liest viel zu selten so präzise Analysen der Diskussionen um Martin Walser, so nüchterne und zutreffende Feststellungen zu einem in Deutschland mittlerweile inflationär gewordenen Antisemitismusvorwurf und so vernünftige und notwendige Kritik an einer mitunter entlarvungslüsternen Germanistik wie der des Matthias N. Lorenz oder seines wissenschaftlichen Ziehvaters Klaus-Michael Bogdal.
Die entschiedene und kompromisslose Zurückweisung jedes antisemitischen Gedankenguts ist in unserem Land oberste Bürgerpflicht. Was Lorenz und Bogdal dagegen betreiben – gestützt durch Journalisten wie die Spiegel-Autorin Elke Schmitter –, ist die Erhöhung des Marktwertes für beliebige Antisemitismus-Warnmeldungen in Deutschland. Wie praktisch, dass Lorenz mit seiner Publikation nun von dem durch ihn selbst erhöhten Marktwert profitiert. Zeitgeistabhängige und abstruse Wissenschaft wie diese trägt nicht nur nichts zu einer vernunftbestimmten Debatte um tatsächlichen und vermeintlichen Antisemitismus hierzulande bei – sie ist, so unseriös und populistisch, auch beschämend für sämtliche Opfer von echtem Faschismus. SIMON URBAN, Hamburg