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Archiv-Artikel

LANGSAME ÜBERTRAGUNG

VON SIMONE SCHMOLLACK Teilzeit? Vätermonate? Keine Mails am Wochenende, keine Meetings vor neun? Die Telekom muss einsehen, dass die Einführung der Quote doch schwieriger ist als gedacht

Es glich dem Aufprall eines Meteoriten auf der Erde, oder besser der Vorstellung davon, wie vor zwei Jahren die Nachricht einschlug, die Telekom gebe sich als als erstes deutsches DAX-30-Unternehmen eine Frauenquote. Bis Ende 2015 sollen in dem Kommunikationskonzern weltweit 30 Prozent der Führungsjobs mit Frauen besetzt sein.

Was ist seitdem bei der Telekom passiert?

Das Unternehmen verweist auf Zahlen: Zwei von sieben Vorständen sind inzwischen weiblich, das sind fast 30 Prozent, im Aufsichtsrat sind die 30 Prozent schon erreicht. Der Frauenanteil im mittleren und oberen Management stieg konzernweit von 19 auf knapp 25 Prozent und beim Topnachwuchs von 33 auf 52 Prozent. Vorstandschef René Obermann sagt dazu: „Nach zwei Jahren ist klar, dass die Entscheidung richtig war.“

Aber es gibt auch andere Meldungen: Vor anderthalb Jahren schmiss das Unternehmen seine erste Quotenfrau wieder raus, nur wenige Monate nachdem die damalige Produktions- und Innovationschefin ins Spitzenteam berufen worden war. Es hieß, ihr Führungsstil sei umstritten gewesen. Im Juni 2011 kündete Obermann an, gleich drei Frauen in den Vorstand holen zu wollen. Geworden sind es schließlich zwei.

Und erst vor wenigen Tagen meldete die Wirtschaftswoche, dass die beiden Personalvorstände Marion Schick und Europa-Vorstand Claudia Nemat es nicht geschafft haben, das neue Europa-Führungsteam mit einem Drittel Frauen zu besetzen. Von den 36 Führungskräften sind nur 7 weiblich. Das sind 19 Prozent. Auf der zweiten Managementebene sind es noch weniger Führungsfrauen: 18 Prozent. Darüber hinaus gibt es noch immer rein männliche Leitungsmannschaften.

„Da gibt es noch einiges zu tun“, sagt Marion Schick. Aus der Pressestelle ist zu hören, dass sich die Telekom zwar „konzernweit eine zu erreichende Quote“ verordnet habe, aber eben „keine Segmentziele“. Außerdem sei der Besetzungsprozess im Ressort noch nicht abgeschlossen.

Die Frage ist doch: Warum haben zwei Frauen an oberster Stelle die Quote verfehlt? Fragt man im Unternehmen nach, wird es still am Telefon. Auch der Betriebsrat will dazu nichts sagen.

Und was ist mit dem viel gerühmten Kulturwandel? Keine Meetings vor 9 Uhr morgens und keine abends nach 18 Uhr, keine Telefonate und keine E-Mails am Wochenende? Teilzeit und Vätermonate auch für Führungskräfte? Das wird eingehalten, versichert das Unternehmen. „Es ist ein Prozess, aber er greift, und das immer besser“, sagt Sprecherin Anne Wenders. Erst neulich habe sie eine späte Mail eines Vorstand mit der Betreffzeile gesehen: „Bitte nicht vor Arbeitsbeginn morgen öffnen und bearbeiten.“

Noch zwei Jahre, bis die Telekom ihre 30-Prozent-Quote erfüllt haben muss. Was passiert, wenn das Unternehmen sein Ziel verpasst? Nichts. Sanktionen hat sich die Telekom nicht verordnet.

Simone Schmollack, 48, taz-Redakteurin mit Schwerpunkt Familienpolitik, hat viele Bücher geschrieben, von denen einige Bestseller waren. Sie findet, Frauen und Männer können sich nur auf Augenhöhe begegnen, wenn Macht und Hausarbeit gerecht geteilt werden.