1. Mai ganz im Zeichen des Wahlkampfs

Frankreich Auf den großen Kundgebungen mobilisieren Parteien und Verbände für ihre Kandidaten

PARIS taz | Die Kundgebungen zum Tag der Arbeit stehen im Zeichen der Präsidentenwahl. Am 1. Mai demonstrieren Gewerkschaften und Linke, um am Sonntag die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen zu stoppen. Da sich die beiden großen Gewerkschaftsverbände, CFDT und CGT, nicht auf eine gemeinsame Linie einigen konnten, marschierten sie in den meisten Städten getrennt. Die CFDT rief dazu auf, Le Pens linksliberalen Gegner Emmanuel Macron zu wählen. Die CGT wollte sich nicht namentlich auf einen Kandidaten festlegen lassen.

In den letzten Tagen häuften sich die Appelle von Prominenten zugunsten von Macron. So haben namentlich ehemalige Deportierte und Widerstandskämpfer gegen die Nazis eindringlich vor der extremen Rechten gewarnt. Doch auch kurz vor der Stichwahl am 7. Mai zeichnet sich keine breite Einheit gegen die extreme Rechte ab, wie sie Frankreich 2002 erlebt hatte, als Jean-Marie Le Pen gegen Jacques Chirac in die Schlussrunde gekommen war. Eine Reihe von Studenten- und Schülerdemonstrationen mit dem Slogan „Weder Le Pen noch Macron“ haben gezeigt, dass es für viele enttäuschte Linkswähler offenbar ausgeschlossen ist, die Stimme einem Sozialliberalen zu geben. Der linkspopulistische Präsidentschaftskandidat des „Unbeugsamen Frankreichs“, Jean-Luc Mélenchon, hat unterdessen erklärt, eine Stimme für Le Pen wäre ein „schrecklicher Irrtum“, er schließt aber einen expliziten Appell für Macron aus. Die konservative Partei Les Républicains, deren Kandidat François Fillon noch am Wahlabend des 23. April für Macron Stellung bezogen hat, ist gespalten zwischen pro Macron und einem Weder-noch.

Marine Le Pen hat eine Allianz mit der Partei des ausgeschiedenen Kandidaten Nicolas Dupont-Aignan, „Debout la France“ (DLF), geschlossen und ihrem frisch Verbündeten gleich den Posten des Premierministers in Aussicht gestellt, falls sie die Präsidentenwahl gewinnen sollte. Für Le Pen und den FN ist diese erste Wahlallianz jedoch von größter symbolischer Bedeutung. Bisher hieß es immer, die extreme Rechte haben keine möglichen Partner und Stimmenreservoirs.

Auch „Avenir pour tous“, eine einflussreiche, ultrakonservative Bewegung gegen die Homoehe und die Abtreibung, hat sich nun hinter das Duo Le Pen und Dupont-Aignan gestellt. Die repräsentativen Institutionen der Protestanten, Juden und Muslime dagegen haben klar Partei ergriffen und Le Pen als Gefahr für die Freiheit und die Toleranz bezeichnet. Rudolf Balmer