: Für Fußball als angstfreien Raum
ROBERT ENKES TOD DFB-Chef Theo Zwanziger möchte an bestehenden Tabus im deutschen Fußball kratzen
HANNOVER dpa | Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußballbundes, ist überzeugt, dass der Selbstmord von Nationaltorwart Robert Enke den deutschen Fußball verändert. „Nach dieser Tragödie müssen wir alle im Fußball nachdenken, wie wir bestehende Tabus brechen“, sagte Zwanziger. Um den Sportlern die Angst vor einem Outing zu nehmen, müsse über viele Ansätze geredet werden. „Ein Gremium mit absolut vertrauenswürdigen Personen könnte dazugehören“, sagte der Funktionär. Und: „Wichtiger ist, dass das oftmals lächerlich martialische Denken aufhört nach dem Motto: Ich darf keine Schwächen zeigen, ich muss der Stärkste sein. Im Gegenteil! Wenn wir Robert Enke gerecht werden wollen, müssen wir dazu kommen, dass im Fußball jeder ohne Angst leben kann. Mit seinen Stärken, Schwächen und Neigungen.“ Enke habe große Angst gehabt, dass seine Depressionen bekannt werden könnten. „Unter einem ähnlichen Druck stehen beispielsweise auch homosexuelle Fußballer“, sagte Zwanziger. Künftig dürfe es nur noch ein Tabu geben: „Und das ist die Würde des Menschen.“
Corny Littmann, Präsident des FC St. Pauli, der mit seiner Homosexualität nie hinterm Berg gehalten hat, bezweifelt, dass ein Bruch mit Tabuthemen im Profifußball möglich ist. „Die Bereitschaft ist zwar da in den Vereinen, auch unter Journalisten, sehr sorgfältig mit diesen Themen umzugehen“, sagte Littmann, „aber es bleibt die nicht kalkulierbare Situation in einem Mannschaftsumfeld, es bleiben die nicht kalkulierbaren Reaktionen der gegnerischen Fans.“
Zu der Trauerfeier für den verstorbenen Nationaltorhüter werden am Sonntag in der Arena von Hannover zehntausende Menschen erwartet. Auch die Nationalmannschaft, Bundestrainer Joachim Löw, seine Vorgänger Jürgen Klinsmann, Rudi Völler und Leverkusens Trainer Jupp Heynckes werden anwesend sein. Die für 11 Uhr geplante Feierlichkeit wird live in der ARD übertragen. Der Sarg des Verstorbenen soll im Stadion aufgebahrt werden. Die Beisetzung des Nationaltorhüters ist anschließend auf dem Friedhof seines Wohnorts Empede bei Neustadt am Rübenberg geplant.
Unterdessen gibt es in Sport und Politik weitere Überlegungen, wie man Robert Enkes gedenken kann. Die deutsche Nationalmannschaft möchte ihren verstorbenen Torhüter im kommenden Jahr mit einem Abschiedsspiel ehren. In Hannover soll ein Platz nach Robert Enke benannt werden.