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Archiv-Artikel

Lieber Porsche als US-Investoren

Der Einstieg des Sportwagen-Herstellers Porsche bei VW belebt den alten Geist der Deutschland AG. Am wachsendenDruck auf die Belegschaft ändert er nichts. Die Behörde für Finanzaufsicht ermittelt wegen des Verdachts auf Insiderhandel

VON STEPHAN KOSCH

Auch wenn der finanzkräftige Autohersteller Porsche im VW-Konzern das Sagen bekommt – Wolfsburg will an seinem Sparkurs festhalten. „Es läuft alles weiter wie bisher“, betonte gestern ein VW-Sprecher. Das bedeutet auch weiterhin Druck auf die Belegschaft. Gestern verhandelten Gewerkschaft und Management über den Produktionsort des neuen Geländewagens auf Golf-Basis.

VW-Markenchef Wolfgang Bernhard hatte deutliche Einsparungen vom Personal verlangt. Andersfalls werde der Wagen in Portugal gebaut, wo die Herstellung 1.000 Euro pro Auto günstiger sein soll. Laut Bild bekommen die Wolfsburger dennoch den Zuschlag, auch die Gewerkschaften gaben sich vor dem Gespräch zuversichtlich. Genaue Ergebnisse lagen aber bis Redaktionsschluss nicht vor.

Der niedersächsische Ministerpräsident und VW-Aufsichtsratsmitglied Christian Wulff (CDU) bemühte sich derweil um die Beruhigung der Belegschaft. „Es sind keine Standorte gefährdet, weder im Inland noch im Ausland.“ Porsche schätze den Standort Deutschland und beziehe die Beschäftigten gut in die Entscheidungsprozesse des Unternehmens ein. Die Porsche AG hatte am Sonntag bekannt gegeben, dass sie sich mit 20 Prozent an VW beteiligen wolle.

Der Schritt folgt dem Geist der alten Deutschland AG. Dabei waren hiesige Konzerne durch gegenseitige Beteiligungen und Aufsichtsratsposten eng miteinander verknüpft. Eigentlich galt dieses Netz in Zeiten der Globalisierung als nicht mehr zeitgemäß. Doch die Erfahrungen mit angloamerikanischen Finanziers in Deutschland waren in der jüngsten Vergangenheit zwiespältig. Die kurzfristigen Profitinteressen der neuen Besitzer zerrten häufig an der Kapitaldecke der Unternehmens. Auch auf VW haben US-Financiers ein Auge geworfen. Die Investmentgesellschaft Brandes Investment Partners und die Investor Capital Group Companies sind schon beteiligt. Erst in der vergangenen Woche wurde gemunkelt, der US-Milliardär Kirk Kerkorian wolle bei VW einsteigen.

Bislang verhindert das „VW-Gesetz“, dass ein Investor mehr als 20 Prozent der Stimmrechte halten und den Konzern damit dominieren kann. Das Land Niedersachsen, das bislang 18,2 Prozent der Aktien hält, ist noch der größte Aktionär. Die EU moniert das Gesetz aber schon seit langem, eine Abschaffung wird für 2007 erwartet. Für VW wäre Porsche dann der neue „weiße Ritter“, der den Konzern auch in Zukunft vor ungewollten feindlichen Übernahmen schützt. Und Porsche könnte sicherstellen, dass die für die Zuffenhausener lukrative Zusammenarbeit bei der Entwicklung von neuen Modellen und der Nutzung gemeinsamer Teile noch ausgebaut wird.

Profitieren dürfte auch die Familie des früheren VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, die gemeinsam mit der Porsche-Familie die Hälfte des Sportwagenbauers gehört. Piëch würde damit weiterhin seinen Einfluss bei VW sichern.

Die übrigen Porsche-Aktionären haben zwar kein Stimmrecht. Sie hatten aber wegen der vollen Firmenkasse bislang mit deftigen Sonderausschüttungen und hohen Dividenden gerechnet. Die kommen nun wohl nicht, weswegen viele von ihnen gestern ihre Papiere verkauften. Die Aktie gab zwischenzeitlich um mehr als 11 Prozent nach.

Noch offen ist, wie Porsche überhaupt an die VW-Aktien herankommen will. Zurzeit sind weniger als fünf Prozent von VW im Porsche-Besitz. Die restlichen Aktien könnten entweder über die Börse hinzugekauft werden, was aber bei den gegenwärtigen Kursen rund drei Milliarden Euro kosten würde. Möglicherweise kauft Porsche aber auch bei VW direkt 13 Prozent der Stammaktien – vielleicht mit Rabatt.

Währenddessen ermittelt die Aufsichtsbehörde BaFin wegen des starken Kursanstiegs der VW-Aktie in der vergangenen Woche. Zudem werde geprüft, ob Porsche zu spät über den Übernahmeplan informiert habe.